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Geldpaket vorzeitig zugestellt

■ Kredite an Südkorea sollen schnell ausgezahlt werden. Die Autoindustrie kann kaum noch produzieren, weil ihr Hauptzulieferer pleite ist. Regierung lädt ausländische Investoren ein

Seoul (dpa/rtr) – Mit Milliarden-Sofortkrediten haben die westlichen Industriestaaten und der Internationale Währungsfonds (IWF) Südkorea vor einem kurzfristig drohenden Zusammenbruch der Finanzmärkte gerettet. Schon am 30. Dezember will der IWF dem Land vorzeitig zwei Milliarden Dollar aus dem insgesamt 21-Milliarden-Dollar-Darlehen zur Verfügung stellen. Die 13 Geberländer würden aus ihrem zugesicherten Kreditpaket Anfang Januar acht Milliarden Dollar überweisen. Deutschland trägt zu dieser Hilfe 410 Millionen Dollar bei. Die USA beteiligen sich mit 1,7 Milliarden Dollar und Japan hat 3,33 Milliarden Dollar zugesichert.

Zehn große japanische Banken erklärten gestern ebenfalls, sie wollten Südkorea bei der Sicherung der Devisen-Liquidität helfen. Und auch in den USA verhandeln Kreditinstitute bereits seit Tagen über Finanzspritzen für das asiatische Land, um dessen Zahlungsfähigkeit aufrecht zu erhalten. Aus den auf 100 Milliarden Dollar geschätzten kurzfristigen Schulden Südkoreas werden im Januar und im Februar schätzungsweise je 15 Milliarden Dollar fällig.

Die Anleger seien erleichtert, daß Südkorea die Gelder früher als geplant bekomme, sagte ein Banker. Der Kurs des Won stieg gestern um 22,6 Prozent gegenüber den Mittwochswerten. An der Börse in Seoul legte der Aktien-Index um 7,16 Prozent zu.

Südkorea will als Gegenleistung für die schnelle Hilfe die dem IWF versprochenen Reformen beschleunigen. Die südkoreanischen Schritte schließen eine vollständige Öffnung des Kapitalmarktes und die Abschaffung der Zinsobergrenzen ein. Auch Massenentlassungen stehen an. So wird es ausländischen Investoren erlaubt werden, börsennotierte koreanische Unternehmen ganz zu übernehmen. Südkoreas neuer Präsident Kim Dae Jung warb gestern beim Gewerkschaftsverband FKTU um Verständnis für die Zusagen an die Kreditgeber.

Bereits aufgegeben hat die neue Regierung offenbar die Pläne zur Verstaatlichung des finanziell angeschlagenen Autokonzerns Kia, der nach bisherigen Plänen durch die Umwandlung der Staatskredite in eine Kapitalbeteiligung gerettet werden sollte. Jetzt will die Regierung unter anderem bei Ford das Interesse an einer vollständigen Kia-Übernahme ausloten, berichtete die Wirtschaftsnachrichten- Agentur Bloomberg. Ford ist bereits mit 9,39 Prozent an Kia beteiligt und hält über seine faktische japanische Tochter Mazda weitere 7,52 Prozent.

Seit Montag ruhen bei Kia die Montagebänder, weil der größte koreanische Zulieferer Mando Machinery Corp die Lieferungen eingestellt hat. Am Mittwoch hatte auch Südkoreas größter Autohersteller Hyundai aus Mangel an Mando-Zuliefererteilen die Produktion gestoppt. Mando gehört zur zusammengebrochenen Halla- Gruppe und hat selbst Vergleich beantragt. Nach Berichten der Korea Times soll Mando vor einer feindlichen Übernahme stehen. Als Interessenten werden die deutsche Robert Bosch GmbH aus Gerlingen und der US-Konzern General Motors genannt. In einem Appell hatten sechs koreanische Autohersteller die Regierung in Seoul gebeten, Mando eine Finanzspritze zu geben. Die Autoindustrie ist Südkoreas größter Devisenbringer.

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