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Jagoda will Überstunden in neue Jobs umwandeln

■ Bundesanstalt für Arbeit sieht 1,8 Milliarden Überstunden. Arbeitgeberchef Hundt: Unsinn

Lübeck (AP) – Der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, Bernhard Jagoda, hat ungeachtet scharfer Kritik der Arbeitgeber einen drastischen Abbau von Überstunden gefordert. Wenn von derzeit 1,8 Milliarden bezahlten Überstunden 40 Prozent in neue Jobs umgewandelt würden, könne das 400.000 Arbeitslose weniger bedeuten, sagte Jagoda den Lübecker Nachrichten.

Jagoda forderte die Politik auf, noch vor der Bundestagswahl im Herbst 1998 zu handeln. Wenn erst danach etwas am Arbeitsmarkt geschehe, seien bestenfalls Ende 1999 Erfolge zu erwarten. „Das können wir uns nicht leisten“, sagte Jagoda. Um 1998 einen Jahresdurchschnitt von knapp 4,4 Millionen Arbeitslosen zu erreichen, müsse die Entwicklung schon ab Mai deutlich besser werden. Betriebsgründungen sollten erleichtert werden, die Banken sollten Risikokapital leichter zur Verfügung stellen, schlug der Präsident der Bundesanstalt vor. „Zwar ist Bonn nicht Weimar, aber wir brauchen einen breiten gesellschaftlichen Konsens, um mehr Beschäftigung am Standort Deutschland zu organisieren“, warnte Jagoda.

Der Präsident der deutschen Arbeitgeberverbände, Dieter Hundt, warf Jagoda wegen dessen Überstundenthesen „absolute Unkenntnis“ der Betriebsabläufe vor. In Deutschland sei 1996 die zweitniedrigste Anzahl an Überstunden aller Zeiten zu verzeichnen gewesen sei. Der Präsident der Bundesanstalt habe offenbar schon jahrelang keinen Betrieb mehr von innen gesehen, „sonst könnte er einen solchen Unsinn nicht erzählen“, erklärte Hundt.

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