: Fahrradplanung mit platten Reifen
■ Fahrradclub droht mit Ausstieg aus gemeinsamer Arbeitsgruppe mit der Verkehrsverwaltung: Einziger Planer für stadtweite Fahrradrouten wurde ersatzlos zur Straßenplanung versetzt. ADFC: "Radverkehr wird ni
Die Kooperation zwischen dem Fahrradclub ADFC und der Verkehrsverwaltung steht ein Jahr nach ihrer Einrichtung schon wieder vor dem Aus. „Offensichtlich will man sich in der Verkehrsverwaltung mit dem Radverkehr nicht ernsthaft beschäftigen“, meint ADFC-Sprecher Benno Koch. Die Radlobbyisten denken daher darüber nach, die gemeinsame Arbeitsgruppe zu verlassen.
Das Gremium war nach einem Gespräch des ADFC-Vorstandes mit Verkehrssenator Jürgen Klemann (CDU) im November 1996 ins Leben gerufen worden. Klemann hatte erklärt, der Anteil der Radler am Gesamtverkehr solle bis 2010 von derzeit sechs auf 20 Prozent erhöht werden.
Dieses Versprechen habe Klemann nicht gehalten, moniert der ADFC. Jüngster Kritikpunkt: „Die gesamte Fahrradplanung wird eingestellt.“ Denn der zuständige Mitarbeiter in der Abteilung Verkehrsplanung, Reinhard L., wurde zum Dezember auf einen anderen Posten versetzt – pikanterweise zur Koordination des Autoverkehrs mit den Baustellen. L.s Stelle werde nicht wieder besetzt und trage den berüchtigten „k.w.“- Vermerk: kann wegfallen. Damit verabschiedet sich nach vierjähriger Tätigkeit der Ansprechpartner des ADFC, der vor allem für die überbezirkliche Planung von Fahrradnetzen zuständig war.
„Zu Personalfragen nehmen wir grundsätzlich nicht öffentlich Stellung“, meint der Sprecher der Verkehrsverwaltung, Klaus-Dieter Gröhler. Doch für die Planung der Velorouten werde „in der Abteilung natürlich weiterhin Sorge getragen“. Andere Kollegen sollen die Arbeit übernehmen.
Das reicht dem ADFC nicht. „Das war die einzige Stelle, die ausschließlich Fahrradplanung gemacht hat“, moniert der Landesvorsitzende Michael Föge. Wenn jetzt die Fahrradpolitik in die Bezirke verlagert werden solle, sei das dramatisch: „Die Bezirke haben weder Geld noch Kompetenz zum Planen und Bauen von überbezirklichen Fahrradrouten.“ Sauer sind die ADFCler auch darüber, daß sie in der Arbeitsgruppe mit der Verwaltung nicht von der Entscheidung unterrichtet wurden.
Die Verkehrsverwaltung ist mit den Planungen zur fahrradfreundlichen Stadt jetzt schon mächtig in Verzug: Der Entwurf für ein Veloroutenkonzept sollte 1991 dem Parlament vorgelegt werden, kam aber erst 1994. Der ADFC beruft sich außerdem auf eine Forderung des Umweltbundesamtes von 1987, für die Radplanung 2,5 Mitarbeiterstellen pro 100.000 Einwohner einer Stadt einzurichten: „Statt der sich daraus ergebenden 86 Mitarbeiter gibt es nun für die 3,5 Millionen Berliner keinen einzigen Radverkehrsplaner mehr“, so Föge. So seien die Planungen für ein touristisches Fahrradroutennetz vom Verkehrssenator abgelehnt worden. Begründung: Personalmangel. Bernhard Pötter
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