In Hongkong kräht kein Hahn mehr

■ Im Kampf gegen die Vogel-Grippe schlachtet Chinas Sonderregion alles Geflügel. Hongkong macht die chinesische Nachbarprovinz verantwortlich, doch dort sind Schlachtungen kein Thema

Hongkong/Berlin (AFP/dpa/ taz) – Hongkongs Behörden haben gestern begonnen, sämtliche 1,3 Millionen Hühner und andere Geflügelarten in der Stadt zu schlachten, um die Vogel-Grippe auszurotten und das Vertrauen der Bevölkerung wiederherzustellen. Die Aktion soll innerhalb von 24 Stunden beendet sein. Mit der radikalen Maßnahme soll das H5N1-Virus ausgerottet werden, das in der ehemaligen britischen Kolonie bisher vier Menschenleben gekostet hat. Gestern wurde bei einer weiteren Person die Vogel-Grippe festgestellt, in sieben Fällen besteht Verdacht auf eine Infektion.

Mit der Entscheidung, die gesamte Hühnerpopulation der Stadt auszurotten, reagierten Hongkongs Behörden auf die Entdeckung des Virus in einer Geflügelfarm und auf einem Markt. Die Entscheidung zur Massentötung wurde in Hongkong positiv aufgenommen. In einer Umfrage befürworteten vier von fünf Befragten die Maßnahme.

Vertreter der Gesundheitsbehörde überwachten die Massenschlachtung aller Hühner, Enten, Gänse, Tauben, Wachteln und Rebhühner. Die Regierung setzte 2.200 Mitarbeiter ein. Sie trugen weiße Kittel, Gesichtsmasken und wateten mit schwarzen Gummistiefeln im Blut der getöteten Tiere. Der Gesundheitsdienst beseitigte die Kadaver in Plastiksäcken und desinfizierte die Ställe.

Züchter und Händler sollen umgerechnet 9,2 Millionen Mark Entschädigung erhalten. In Stadtzentrum töteten die Händler und Stallbesitzer die Tiere, indem sie ihnen die Kehlen aufschlitzten oder Hälse umdrehten. Auf Zuchtbetrieben am Stadtrand wurde das Geflügel in Plastikcontainern mit Kohlendioxid vergast. Die Kadaver wurden dann in Landgewinnungsprojekten an der Küste vergraben. „Auf diese Weise hoffen wir, sämtliches lebendes Geflügel loszuwerden und alle infizierten Hühner in der Gegend zu eliminieren“, sagte Chow Loi, stellvertretender Leiter der städtischen Versorgungs- und Abfallbehörde.

Ein hochrangiger Beamter der Behörde für Landwirtschaft und Fischerei machte die aus der benachbarten chinesischen Provinz Guandong importierten Hühner für die Ausbreitung der Krankheit verantwortlich. Sie hätten das H5N1-Virus auf heimische Hühner übertragen. Drei Viertel der in Hongkong verkauften Hühner stammen aus China. Bereits letzte Woche wurde die Einfuhr von Hühnern aus China verboten.

Guandongs Gesundheitsbehörden schlossen gestern eine Massenschlachtung wie in Hongkong aus. Nach den Erkenntnissen der Behörden habe es dort bislang keinen einzigen Krankheitsfall gegeben, sagte eine Sprecherin. han