: Augenschaden für die Zuspielerin
Die deutschen Volleyballerinnen qualifizieren sich beim Bremer Turnier mit drei Siegen für die WM in Japan. Die offiziellen WM-Bälle mögen sie aber trotzdem nicht ■ Aus Bremen Joachim Faruhn
Bremen bleibt ein gutes Pflaster für die deutschen Volleyball- Frauen. Nachdem sie vor zwei Jahren überraschend die Olympia- Fahrkarte für Atlanta erkämpft hatten, qualifizierte sich das Team am Wochenende für die Weltmeisterschaft im November in Japan. Dabei zeigten die bei früheren Turnieren stets als Außenseiterinnen gehandelten Frauen um die reaktivierte Susanne Lahme Stehvermögen und hielten der Favoritinnenbürde stand.
Gegen Griechenland (3:1), Slowenien (3:0) und gestern gegen Weißrußland (3:1) gab es im Qualifikationsturnier klare Siege. Die deutschen Frauen ließen sich allerdings nach verkrampften Beginn von Griechinnen und Weißrussinnen einen Satz abjagen, waren aber danach in allen drei Begegnungen nie ernsthaft gefährdet. Gestern wurde nach einem 12:15 ein kurzer Moment der Sorge zügig ausgeräumt (15:6, 15:11, 15:10).
Die Gegnerinnen von Bremen waren jedoch international allenfalls zweitklassig. Das vor Turnierbeginn am höchsten eingeschätzte Team Weißrußland verlor auch 0:3 gegen Griechenland.
Trotz der lösbaren Qualifikationsaufgabe hatte Bundestrainer Köhler vor dem Turnier stets den ungewohnten Druck des „Gewinnenmüssens“ betont. Der Sachse hatte seinen mit dem Segen der Spitze des Deutschen Volleyball- Verbandes (DVV) eingeleiteten radikalen Generationswechsel angehalten und mit den inzwischen in Italien spielenden Profis Nancy Celis, Christina Schulz und eben Susanne Lahme drei aus der alten Garde ins Nationalteam zurückgeholt. Mit einem „äußerst liebenswerten Brief nach Bergamo“ habe sie Köhler zur Rückkehr überredet, erzählte Mittelblockerin Susanne Lahme (29). Obwohl Christina Schulz wegen einer Knieverletzung ausfiel, erwiesen sich die Routiniers als unersetzlich für das junge Team.
Der zweite Anzug paßt nämlich noch nicht so recht. Wie schwer es ohne Celis und Lahme geworden wäre, zeigte sich etwa im dritten Satz gegen die Slowakei. 11:5 lag Deutschland vorne. „Siggi, laß die Jugend ran“, rief einer der 2.500 Zuschauer in der Bremer Messehalle. Köhler brachte Johanna Reinink aus Schwerte für Celis (31), Christina Bennecke (TV Fischbeck) für Stammspielerin Katrin Möllner (CJD Berlin) und schickte schließlich auch noch die 18jährige Berlinerin Anja-Nadin Pietrek für Hanka Pachale (Schweriner SC) zu ihrem Länderspieldebüt aufs Feld. Die zweite Zuspielerin Tanja Hart (DJK Karbach) konnte die neue Sechs aber nicht zusammenhalten, und die Deutschen lagen schnell mit 11:13 hinten. „Das waren wohl ein, zwei Wechsel zuviel“, räumte der Coach ein. Als er die etatmäßige Zuspielerin Beatrice Dömeland für Tanja Hart brachte und auch sonst die erste Garde wieder einsetzte, brachte diese den Satz doch noch 15:13 nach Hause.
Spielerischen Glanz gab es während des gesamten Turniers nur selten zu bestaunen. Das führten Köhler und seine Trainerkollegen vor allem auf die neuen Spielgeräte zurück, die in Bremen nach nur zwei Trainingseinheiten zur Übung erstmals im Wettkampf getestet wurden: Die offiziellen WM- Bälle sind nicht mehr herkömmlich weiß, sondern wie beim Beach- Volleyball zweifarbig gelb und pink. „Wenn der Ball nach der Annahme mit viel Rotation von oben zur Zuspielerin kommt, kriegt die einen Augenschaden“, sagte Köhler, und Beatrice Dömeland nickte beipflichtend.
Außerdem ist die Kugel schwerer und fliegt deshalb anders, im Aufsteigen langsamer und herunter schneller. Die Oberfläche ist zudem glatter als bei den alten Bällen, leicht rutscht der Ball beim Pritschen durch nasse Hände. „Das Zuspiel kommt nicht mehr so präzise“, beschwerte sich auch Susanne Lahme, „und bei der Annahme muß man mehr schieben“. Ihr Fazit: „Wenn das der Ball für die Zukunft sein soll, dann muß man da noch was dran verändern.“
Auch Werner von Moltke, Ex- Zehnkampf-As und seit Juni Präsident des Deutschen Volleyball- Verbandes (DVV) will beim Weltverband Kritik anbringen: „Keiner ist mit dem Ball zufrieden.“ Eine Zumutung der Internationalen Volleyball-Föderation (FIVB), fanden die Fachleute in Bremen, diese Bälle in einem offiziellen Qualifikationsturnier auszuprobieren. Wie es hieß, sei die Idee für die neuen Spielgeräte in einer Bierlaune zwischen FIVB-Präsident Ruben Acosta und Managern der Herstellerfirma Mikasa geboren worden. Das Ziel, so monierten einige, sei klar: Die wollen mehr Bälle weltweit verkaufen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen