Nachgefragt
: Bremen bleibt offen

■ Justizstaatsrat zu CSU und Strafvollzug

Herr Mäurer, die Rechtsexperten der CSU haben jetzt gefordert, den offenen Strafvollzug abzuschaffen. Was halten Sie von solchen Forderungen?

Ulrich Mäurer, Staatsrat von Justizsenator Henning Scherf (SPD): Gar nichts. Ich halte solche Forderungen für puren Populismus, der nicht geeignet ist, auch nur ein einziges Problem zu lösen. Wenn man Straftäter nach Verbüßung ihrer Freiheitsstrafe einfach vor die Tür setzt, ohne sie vorher im offenen Vollzug auf das Leben in Freiheit vorzubereiten, ist das der sicherste Weg, um sie bald im Gefängnis wiederzusehen.

In Bremen sind 1996 immerhin 153 Gefangene nicht zum festgesetzten Zeitpunkt zurückgekommen. Liefert der liberale Strafvollzug seinen Gegnern damit nicht selbst die Argumente für eine härtere Gangart?

Diese Zahlen beziehen sich nicht nur auf den offenen Vollzug. Unter die Freigänger fallen beispielsweise auch die Häftlinge, die z.B. Urlaub vom Vollzug bekommen. Im offenen Vollzug waren es nur 28 Häftlinge. Das ist eine Versagerquote, die etwa bei 30 Prozent liegt. Darunter gibt es natürlich auch Häftlinge, die wieder straffällig werden. Das sind aber keine spektakulären Fälle! Hierunter fallen zum Beispiel Häftlinge, die ohne Führerschein fahren oder Ladendiebstähle begehen. Das ist aber ein Risiko, das wir in Kauf nehmen müssen. Wenn wir dieses Risiko nicht eingehen, gibt es keine Möglichkeit, die Häftlinge auf ein Leben in Freiheit vorzubreiten. Die Abschaffung des offenen Vollzuges würde bedeuten, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Im übrigen regelt das Gesetz sehr streng, welcher Häftling in den offenen Vollzug kommt. Die Häftlinge können beispielsweise frühstens 16 Monate vor der Entlassung in den offenen Vollzug. Fluchtgefährdete Straftäter sind von der Regelung ausgenommen. Außerdem müssen die Häftlinge einer Arbeit nachgehen. Die Häftlinge verdienen ihr eigenes Geld und bezahlen davon die Unterbringung in der JVA. Durch den offenen Vollzug werden so täglich rund 20.000 Mark an Steuergeldern gespart.

In Bremen sind 18 Prozent aller Häftlinge im offenen Vollzug, in Bayern nur etwa acht Prozent.

Stimmt. Es gibt ein deutliches Nord-Süd-Gefälle. In Hamburg befinden sich 31,3 Prozent aller Häftlinge im offenen Vollzug, in Berlin sind es 30,8 Prozent. Wir liegen im Bundesvergleich auf Platz neun, das heißt, wir befinden uns in bester Gesellschaft mit denjenigen, die den offenen Vollzug für sinnvoll halten. Und daran soll sich auch nichts ändern.

Fragen: Kerstin Schneider