■ Kommentar: Jugendsenatorin gesucht
Die Stadt braucht endlich wieder eine Jugendsenatorin. Derzeit stehen die Familien oft genug ohne Interessenvertretung als bloße Bittsteller am Koalitionstisch, wenn es um die Verteilung des Landeshaushalts geht. Nur dem Fehlen einer sozialdemokratischen Jugendsenatorin ist es wohl auch geschuldet, daß ein Familienpaß so gänzlich in der Versenkung verschwinden konnte. Dabei ließen ihn doch die Sozialdemokraten vor zwei Jahren als Reformprojekt extra in die Koalitionsvereinbarung hineinschreiben. Das muß die SPD über den vielen Problemen wohl glatt vergessen haben. Dem Fehlen einer Jugendsenatorin ist es wohl auch geschuldet, daß bei der Neuverteilung des Landeshaushalts für 1998 ausgerechnet bei den privaten Kitas die Bedingungen verschlechtert wurden. Unbeachtet blieb, daß es gerade die von den Eltern selbst organisierten Einrichtungen sind, die billiger und effektiver arbeiten als die unausgelasteten staatlichen Einrichtungen. Im Deckungsschutz des Sparzwangs wurde den Eltern-Initiativ-Kitas ein bißchen die Luft abgedreht, ohne die der gesetzlich zugesicherte Anspruch auf einen Kitaplatz in Berlin aber überhaupt nicht erfüllbar wäre.
15 Mark kostet eine Familie mit zwei Kindern jetzt ein Besuch im Stadtbad – falls sie es zu Fuß erreichen kann. Mit der BVG kommen pro Fahrt noch einmal über 12 Mark hinzu. Man kann sich denken, wie oft sich eine einkommensschwache Familie dies Vergnügen leisten wird. Politik macht sich fest am Gestaltungswillen. Bei den Sozialdemokraten ist außer Sparwillen wenig zu spüren – man darf schon froh sein, wenn in Sachen Familienpaß gnädig auf die Allzweckwaffe Lottomittel verwiesen wird. Deshalb bleibt nur eine Hoffnung: Berlin braucht endlich wieder eine Jugendsenatorin. Gerd Nowakowski
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