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Das Streiken wird zu teuer

■ In der ostdeutschen Stahlbranche bröckelt die Arbeitgeberfront: Die Eko Stahl Gmbh erwägt einen eigenen Haustarifabschluß, um Streik zu verhindern. Ein Streiktag kostet 750.000 Mark

Berlin/Eisenhüttenstadt (dpa/ taz) –Die Arbeitgeberfront im Tarifkonflikt der ostdeutschen Stahlindustrie bröckelt. Nachdem die Preussag Stahl AG eigene Lohnvereinbarungen erzielte, erwägt jetzt auch das größte ostdeutsche Stahlunternehmen Eko (Eisenhüttenstadt) einen eigenen Haustarifabschluß. Damit soll der ab nächster Woche drohende Streik abgewendet werden.

Die Eko-Geschäftsführung erklärte gestern, sie habe den Arbeitgeberverband Stahl dringend aufgefordert, die Verhandlungen mit der IG Metall unverzüglich wiederaufzunehmen, um einen drohenden Arbeitskampf abzuwenden. „Bei Nichtzustandekommen beziehungsweise Scheitern der Gespräche wird die Geschäftsführung kurzfristig mit der IG Metall einen eigenständigen Tarifabschluß für die Eko Stahl GmbH anstreben“, hieß es bei dem Unternehmen. Bei der Eko-Stahl arbeiten 2.800 der insgesamt 8 000 Beschäftigten der ostdeutschen Stahlbranche. Der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Stahl, Josef Fidelis Senn, sagte, man sei weiter zu Gesprächen mit der IG Metall bereit, da ein Streik schlichtweg ruinös wäre. „Wir werden in der Tat einiges unternehmen, um den Streik zu Bedingungen abzuwenden, die die Unternehmen noch tragen können.“

Senn sagte weiter, ein Haustarif bei Eko wäre das Resultat „knallharter Erpressung“. Damit drohe der Flächentarif endgültig zu zerfallen. Der eigentliche Skandal sei, daß die Gewerkschaft erstmals in Unternehmen zu Streiks aufgrufen habe, „die zum Teil am wirtschaftlichen Abgrund stehen“.

Der IG-Metall-Verhandlungsführer Hasso Düvel begrüßte, daß nun auch Eko Druck auf den Arbeitgeberverband ausübe. Eine Lösung sei wie im Preussag-Werk Ilsenburg aber nur auf Basis des Westabschlusses möglich.

Die IG Metall will eine Abkoppelung der Lohnentwicklung für die 8.000 Beschäftigten der ostdeutschen Stahlbranche verhindern. Die Arbeitgeber verlangen dagegen eine Lohnpause von 14 Monaten und wollen danach die ab 1. März 1998 in Westdeutschland geltende Lohnerhöhung von 2,6 Prozent übernehmen. Die Preussag Stahl AG hat für ihr Werk Ilsenburg in Sachsen-Anhalt diese Erhöhung zum 1. März jetzt übernommen. Die Arbeitszeit von 38 Wochenstunden und die übrigen Bestimmungen des Oststahltarifvertrags bleiben unverändert.

Eko-Geschäftsführer Joachim Krüger hatte vergangene Woche in einem Appell an die Beschäftigten erklärt, daß ein Streiktag mindestens mit einem Verlust von 750.000 Mark zu Buche schlagen würde.

Dazu kämen Kosten für Abschalten, Warmhalten und Anfahren der Großanlagen. Das zum belgischen Konzern Cockerill Sambre gehörende Werk Eko müsse in diesem Jahr erstmals ohne Zuwendungen auskommen. 1997 werde nochmals mit einem Verlust von 100 Millionen Mark abgeschlossen, die von der Treuhand-Nachfolgerin BvS letztmalig übernommen werden.

Der IG-Metall-Vorsitzende Klaus Zwickel wollte gestern am Nachmittag in Eisenhüttenstadt eintreffen und die Stahlkocher auf einen Arbeitskampf einstimmen.

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