Für eine Schüssel Fruit Loops

■ Klein, rund, sympathisch. Aber etwas stimmt mit der Farbe nicht in Gregg Arakis Film über Irrungen und Wirrungen: Nowhere

Wir wissen mittlerweile, daß junge Filmemacher gerne Filme über Filmstudenten drehen, und das geht auch in Ordnung. Nicht in Ordnung ist, daß diese Filme trotz junger Story die bewährte Ästhetik ihrer Lehrer und Meister übernehmen. Der kalifornische Jung-Regisseur Gregg Araki hat mit seinem Streifen über die Welt des Filmstudenten Dark ein anderes Problem. Er will bunter als MTV, schmieriger als Soaps und ekliger als die Aliens sein – und dabei hipper als alle zusammen. Das ist in Ordnung, aber verdammt anstrengend.

Nowhere ist wie eine Schüssel Fruit-Loops. Klein, rund, sympathisch, aber irgendwas stimmt mit der Farbe nicht. Die Dusche ist zu weiß, zu hoch und zu dampfig, die Bar zu gepunktet, das Kinderzimmer zu geblümt, die Mutter zu gurkenmaskig, der Selbstmord zu blutig, die Kamera zu oft auf der Höhe zu großer Brüste, die Klamotten zu tapetig, die Aliens zu sauriermäßig, der Pool zu blau. Der Farb- und Design-Schock ist das ästhetische Prinzip des Films. Surrealismus an der Westküste in den Zeiten nach Twin Peaks und Bay-Watch ist das Ergebnis. Nichts stimmt, und doch ist es so vertraut wie wahr. Waren wir nicht neulich auf so einer Party, oder sah nicht unser letztes Zimmer so aus, wie war das nur?

Verwirrung ist der zweite Trick von Nowhere. Hat der Typ wirklich ein blaues und ein grünes Auge? Und wovon träumt er denn nun: hetero, homo oder sado-maso? Sicher hingegen ist nur soviel: Dark und seine Freunde sind in Kalifornien auf der Suche nach Liebe. Der Film erzählt von ihren Beziehungen, von sexueller Verwirrung, Wertekrise und Starkult. Das gibt's öfter, jeden Samstagnachmittag im Fernsehen zum Beispiel. Nur daß es diesmal aussieht wie die Werbung, die normalerweise dazwischen ist. Die Themen sind dieselben, neu ist ihre Gleichzeitigkeit. Ein Westcoast-Trip quer durch Wirren und Geilheit. Soviel angedeutete Sexualität, deren wesentlichstes Merkmal eben die Latenz ist, gibt es nicht mal bei MTV.

Sex, Banalität, Müdigkeit, Loops in der Orientierungslosigkeit – wenn Nowhere uns das wieder mal als die Themen von Mittzwanzigern verkaufen will, dann hätte Araki vielleicht über seine Zitate nicht nur ästhetisch hinauskommen müssen. Denn Dealer mit Tomatensuppendosen erschlagen, ein bißchen Rauchen und Philosophieren oder Aliens anschauen, das kennen wir.

Die Pointe gehört dem Ende, wenn das Alien die Szene verläßt. „I'm off here“, sagt es einfach nur. Cool! Klasse Schluß für einen Kurzfilm. Das war doch einer, oder? Oder war da noch was anderes? Fruit-Loops-Werbung?

Matthias von Hartz

Aladin, Neues Broadway