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Wieviel Ausbeutung darf es denn sein?

■ Hongkongs Industrie prüft, wie sehr sie Arbeiter schinden darf, ohne Kunden zu verlieren

Köln (taz) – Kinderarbeit, Überstunden, Brandgefahr, giftige Dämpfe – immer wieder kritisieren Menschenrechtler die Arbeitsbedingungen in Südostasien. Die Hersteller spüren inzwischen, wie wichtig das Ansehen ihrer Produkte im Westen ist. Um herauszufinden, wieviel Ausbeutung sie sich dennoch leisten können, hat der Hongkonger Wirtschaftsverband (HKEA) nun eine Studie in Auftrag gegeben, welche Arbeitsstandards in den fünf wichtigsten Industrieländern denn nun wirklich ernst genommen werden.

Die Studie ist wohl auch eine Reaktion darauf, daß eine Reihe von Handelshäusern und multinationalen Konzernen inzwischen Verhaltenskodizes und Unternehmensrichtlinien für den Außenhandel festgelegt haben. In der Umfrage, die die US-Unternehmsberatung Arthur Andersen nun für den HKEA durchführt, sollen Importeure, Händler, Verbände, internationale Organisationen und Regierungsstellen Auskunft über ihre Haltung zu Arbeitsschutzvorschriften in Hongkong geben. Die Studie soll Mitte 1998 fertiggestellt sein.

Der Fragekatalog reicht vom Verbot von Kinderarbeit über das Recht zur Bildung freier Gewerkschaften bis zur Einhaltung gesetzlich verbriefter Minimallöhne und der Sicherstellung von Arbeitsschutz. Die Auftraggeber der Umfrage sind auch an detaillierten Angaben über die in Europa und USA herrschenden Arbeitsstandards interessiert. Dabei wird auch geprüft, welche Konsequenzen es für Hongkongs Wirtschaft hat, wenn vereinbarte Verhaltenskodizes nicht eingehalten würden. Deshalb wird schon im Vorgriff versucht, sich ein Bild von möglichen Sanktionsmaßnahmen wie Boykott, Überprüfungen von Fabriken, politischer Lobbyarbeit oder einer Medienkampagne zu machen. Schließlich möchte der HKEA Hongkong ein arbeiterfreundliches Image verpassen, um einen Standortvorteil gegenüber den anderen südostasiatischen Ländern zu erlangen.

In vielen Firmen würden Sozial- und Umweltstandards bereits als „Thema der Zukunft“ gesehen, sagt Ingo Frank von der Unternehmensberatung Arthur Andersen, der den deutschen Teil der HKEA-Umfrage betreut. Die Spielzeugindustrie werde der Vorreiter, weil bei der Herstellung von Produkten für Kinder besonders starke Empfindlichkeiten zum Tragen kämen.

Mit guten Ansätzen haben die US-Sportschuh-Hersteller Nike und Reebok, der Otto-Versand in Hamburg und der Spielzeugmulti Mattel von sich reden gemacht. Der Gewerkschafter Chan Ka Wai vom Hong Kong Christian Industrial Comittee schränkt jedoch ein: „Die meisten Firmen benutzen die Verhaltenskodizes lediglich als PR-Instrument und verschließen nach wie vor ihre Augen vor den Verletzungen von Arbeiterrechten durch ihre Geschäftspartner.“ Das katholische Hilfswerk Misereor hat erst kürzlich in einer Studie auf die unwürdigen Zustände in der südostasiatischen Spielzeugindustrie aufmerksam gemacht. Die deutschen Spielwarenimporteure warfen Misereor daraufhin vor, es handle sich dabei um „Kampagnen, die die Stimmung in der Vorweihnachtszeit beeinflussen“.

Doch inzwischen hat man sich beim Verband der deutschen Spielzeugindustrie eines Besseren besonnen: Man habe sich seit Jahren eingehend mit der Problematik menschenwürdiger Arbeitsbedingungen befaßt, sagt nun Geschäftsführerin Corinna Printzen. Eine entsprechende Selbstverpflichtung sei von den Mitgliedern unterschrieben worden. „Spielzeug, das unter menschenunwürdigen Bedingungen hergestellt wurde, taugt nicht zum Spielen.“

Jede konkrete Beschwerde wolle man sofort durch ein unabhängiges Expertenteam untersuchen lassen, so versichert die Verbandssprecherin. Bisher sei allerdings keine konkrete Klage unter Nennung von Fertigungsstätte oder Arbeitnehmer an den Verband herangetragen worden. Markus Dufner

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