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„Tischlerin will keine werden“

Erst das Abi – und dann? Eine Woche lang bekommen SchülerInnen der Oberstufe Tips zum Start in ein Leben nach der Schule  ■ Von Carla Cranach

„Im Seemannsclub haben wir auch noch eine Stelle, da geht's allerdings etwas rauh zu“, meint Anne Kassun vom Diakonischen Werk und mustert aufmunternd die sechs Mädchen in ihrer Runde. Die schauen lieber weg. Festlegen muß sich hier auch noch niemand: Die Schülerinnen aus der 12. Klasse informieren sich in der Projektwoche „Arbeits- und Lebensgestaltung“der Julius-Leber-Schule über all das, was auf sie zukommen wird, wenn sie ihr Abiturzeugnis in der Hand halten.

Während die Jungs aus ihrer Stufe gerade Tips zu Zivildienst und Bund bekommen, hören sich die sechs beim Diakonischen Werk an, wo sie ein Freiwilliges Soziales Jahr leisten können: Krankenhäuser, Behinderten-, Kinder- und Pflegeheime oder eben auch bei der Seemannsmission – bei knapp 1000 Mark Entlohnung sind allerdings keine großen Sprünge drin.

„Geld ist nicht das wichtigste“, meint Sandra. „Ich arbeite gern mit Menschen und will auf jeden Fall etwas Soziales machen, vielleicht im Altenheim.“Genau weiß sie noch nicht, wo es nach dem Abi längs gehen soll: „Erst mal antesten“. Kristin hingegen „weiß schon lange, was ich werden will: Lehrerin“. „Ich bin Pfadfinderin – da lernt man früh, anderen was beizubringen, und das kann ich gut.“Die 17jährige ist da ganz abgeklärt. „Mehrgleisig kann man ja trotzdem fahren“, meint sie und notiert sich die Adressen für das Freiwillige Soziale Jahr.

Studieren, eine Lehre anfangen, ins Ausland oder erstmal abwarten? Damit den OberstuflerInnen der Gesamtschule in Schnelsen das schwarze Loch erspart bleibt, das SchulabgängerInnen häufig erwartet, wenn sie sich nicht zügig orientieren, dreht sich in dieser Woche alles um die Zeit danach. Tips zur Bewerbung, zu Studium und Beruf gibt es vom Arbeitsamt und von Fachleuten aus der Praxis. „Das ist das erste Mal, daß wir bei einer solchen Projektwoche mitmachen, und es ist spannend, zu hören, welche Vorstellungen die Mädchen haben“, freut sich Anne Kassun vom Diakonischen Werk. Neben den Beratungsterminen laufen aber auch Gespräche mit ehemaligen AbiturientInnen, die erzählen, was aus ihnen geworden ist. Aus einem breitgefächerten Angebot zu Berufen wie ApothekerIn, UmwelttechnikerIn, JournalistIn oder Kauffrau haben die SchülerInnen sich das herausgepickt, was sie am meisten interessiert.

„Ich würde gern mit einem Physiotherapeuten reden, wie er den Einstieg gefunden hat. Solche Gespräche sind viel praxisnäher als Arbeitslehre“, meint Manja. „Da haben wir nur an einem Stuhl rumgeschmirgelt, aber ich glaube, Tischlerin will hier eigentlich niemand werden.“Einhelliges Nicken in der Runde. Die Projektwoche finden sie alle gut, nur Meike ist etwas unzufrieden: „Mich interessiert eigentlich eher ein Öko-Jahr in Australien, aber das ist wohl zu speziell. Dafür höre ich mir was zum Bio-Studium an.“

„Bei dieser Projektwoche kommt man endlich mal an die Informationen dran, die man später auch braucht“, lobt Sandra. „In der 9. Klasse hatten wir ja schon Betriebspraktika. Das ist natürlich ziemlich lange her“, winkt sie ab. „Aber seitdem weiß ich, was ich nicht will: zur Bank.“Anders Julia – sie hat während ihres Praktikums beim Hausarzt ihren Traumberuf entdeckt: Bevor sie Medizin studiert, „möchte ich aber noch etwas anderes ausprobieren. Vielleicht so ein Soziales Jahr, aber vielleicht gehe ich auch erstmal nach Amerika.“

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