: Schluß mit Apfel und Ei
■ KnastärztInnen sollen zusätzliche Vitamine auf Minimum beschränken
Milch, Obst und Mineralwasser – was als Grundnahrungsmittel gilt, kommt hinter Knastmauern einem Luxusgut gleich. Über das rationierte Maß hinaus kommen in den Genuß nur Gefangene, für die die Produkte aus Gesundheitsgründen unverzichtbar sind. Die Wirtschaftsabteilung der Hamburger Gefängnisse hat die Anstalten jetzt angewiesen, die Ausgabe dieser Vitamine auf Krankenschein zu beschränken. Die Kosten dafür seien zu sehr angestiegen.
Die Anstalten müssen Geld sparen, und da Kleinvieh auch Mist macht, fängt es eben bei Apfel und Mineralwasser an. Die Gefangenen werden über die Anstalt grundversorgt – Obst gibt es zwar im knasteigenen Laden, doch zu „völlig überhöhten Preisen“, wie Insassen klagen. Bestimmte Lebensmittel werden ärztlich verordnet. Diabetiker und Magenkranke bekommen Diätkost, ebenso Gallenkranke oder Gefangene, die sich nur cholesterinarm ernähren dürfen. Das soll auch so bleiben, beteuert Justizsprecherin Annette Pflaum.
Anders sieht es für diejenigen aus, die Milch, Mineralwasser und Obst extra bekommen – Nierenkranke, die viel trinken müssen, oder HIV-Infizierte, die zusätzliche Vitamine benötigen. „Diese Verordnungen sollen auf das medizinisch erforderliche Maß beschränkt bleiben“, so Pflaum. „Aus Gefälligkeit dürfen Ärzte keine Lebensmittel verschreiben.“Wegen der gestiegenen Kosten werde das aber vermutet. Eine Statistik soll nun aufgestellt und die ÄrztInnen angehalten werden, den einen oder anderen Liter Milch zu sparen.
„Unsere Speisepläne werden ohnehin ärztlich überwacht“, beschwichtigt der stellvertretende Anstaltsleiter in Santa Fu, Ulrich Quietzsch. „Der Nährwert der Anstaltskost wird penibel ausgerechnet.“Sprecherin Pflaum betont, daß Hamburg im Bundesvergleich sogar überdurchschnittlich viel Geld für das Essen der Gefangenen ausgibt – rund sechs Mark am Tag.
Doch Obst gibt es zum Beispiel nur ein- bis zweimal die Woche, und außer Tee müssen die Gefangenen alle Getränke selber zahlen, sagt Santa Fu-Insasse und Redakteur der Gefangenenzeitung Blickpunkt, Jens Stuhlmann. Er schimpft: „Beim Sparen geht es für die Anstalt um Pfennige, für die Gefangenen aber um ihre Gesundheit.“Elke Spanner
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen