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Privilegien für die Kirche

■ Polens Parlament stimmt dem Konkordat mit dem Vatikan nach jahrelangem Streit zu

Warschau (taz) – Das gibt es im polnischen Abgeordentenhaus selten: stehende Ovationen für ein gerade beschlossenes Gesetz. Das Konkordat zwischen Vatikan und Polen kann nach über vierjähriger nervenaufreibender Debatte ratifiziert werden. Doch das Gefühl des Triumphes konnten die konservativen und liberalen Abgeordneten, die seit den Wahlen im September letzten Jahres die Mehrheit im Parlament stellen, zunächst nur kurz auskosten. Denn direkt nach der Abstimmung hatte ein Spielverderber der oppositionellen Linken darauf aufmerksam gemacht, daß dem Parlamentspräsidenten ein Formfehler unterlaufen sei. Er habe vergessen, nach der Debatte die dritte Lesung des Gesetzes zu verkünden. Damit sei das Konkordat verfassungwidrig. Die Konservativen zogen gesenkten Hauptes in ihre Beratungsräume. Nach mehreren Stunden war klar: Man mußte noch einmal abstimmen.

Das Ergebnis war das gleiche wie am morgen. Das Gesetz geht nun an den Senat und danach an Präsident Kwaśniewski. Wenn dieser es sofort unterzeichnet, können die diplomatischen Dienste von Vatikan und Polen in einem Monat mit der Umsetzung des Konkordats beginnen.

Der Vertrag regelt das Verhältnis zwischen der römisch-katholischen Kirche und dem Staat in Polen. Er bestätigt die in der Verfassung garantierte Autonomie von Staat und Kirche, sichert der Kirche Steuerprivilegien und das Recht zu, Schulen, Krankenhäuser, Altersheime und Universitäten zu unterhalten. Religionsunterricht in Kindergärten und Schulen wird nach einem Programm erteilt, das die Kirche erarbeitet. Die Religionslehrer – Priester, Mönche und Nonnen – werden vom Staat bezahlt. Für die Kinder ist die Teilnahme am Religionsunterricht freiwillig. Katholische Heiratswillige können ihre Ehe nun allein vor dem Altar schließen. Nach der Trauung reichen die Jungvermählten die kirchlichen Dokumente an das Standesamt weiter. Damit wird die Ehe rechtsgültig.

Das Kirche hat unter anderem auch das Recht, eigene Friedhöfe zu unterhalten. Allerdings müssen dort auch Anders- und Ungläubige beerdigt werden, wenn es keinen kommunalen Friedhof in der Nähe gibt oder wenn bereits ein Familiengrab gekauft wurde.

Das Konkordat war bereits im Juli 1993 unterzeichnet worden. Doch der Zeitpunkt war denkbar ungünstig. Nach einem Mißtrauensantrag gegenüber der konservativen Regierung von Hanna Suchocka mußten Neuwahlen ausgeschrieben werden. Im September 1993 kamen die Postkommunisten wieder an der Macht. Diese blockierten die Ratifizierung des Vertrages. Das Demokratische Linksbündnis befürchtete, daß andere Religionsgemeinschaften benachteiligt werden könnten. Auch der Vorrang der kirchlichen Trauung vor der staatlichen weckte Bedenken. Kinder sollten nicht bereits in der Vorschule in Katholiken und Nichtkatholiken aufgeteilt werden. Und die Kirche sollte nicht das Recht haben, Ungläubigen die Beerdigung auf einem katholischen Friedhof zu verweigern, wenn es keinen anderen Friedhof in der Nähe gibt.

All diese Fragen hat die postkommunistische Regierung mit dem Vatikan in einem Zusatzabkommen geklärt. Die Deklaration wurde im April 1997 unterzeichnet, ist nun aber von der neuen konservativen Regierung nicht an das Konkordat angehängt worden. Sie werde im Gesetzesblatt veröffentlicht. Das reiche, ließ Außenminister Geremek lapidar verlauten. Gabriele Lesser

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