: ABB: Alle Räder stehen still
■ ABB schließt überraschend ehemaliges Bergmann-Borsig-Werk in Pankow. 315 Arbeitsplätze werden vernichtet. IG Metall vermutet Grundstücksspekulation und will Subventionen zurück
Die Asea Brown Boveri AG, Mannheim, will überraschend die ABB Kraftwerke Berlin GmbH (ehemals VEB Bergmann Borsig) in Pankow schließen. Der Fertigungsbereich mit 230 Mitarbeitern soll eingestellt werden und nur noch ein Service-Betrieb unterhalten werden, teilte ABB gestern mit. Von den 415 Arbeitsplätzen in Berlin sollen 315 entfallen. 85 Mitarbeiter könnten nach Mannheim umziehen, weitere 85 sollen in einem noch zu gründenden Service- Betrieb unterkommen.
ABB begründete die Neuordnung und Bündelung der Kapazitäten mit der problematischen Lage auf dem Kraftwerksmarkt. Die Sparte Dampfkraftwerke soll in Mannheim-Käfertal konzentriert werden. Der Vorstandsvorsitzende der deutschen ABB, Horst Dietz, sagte, es gebe weltweit Überkapazitäten und enormen Preisverfall. Seit 1991 seien die Preise für komplette Kraftwerke um fast 60 Prozent, für Turbinen um 50 Prozent gefallen.
Nach Ansicht des Mannheimer Betriebsrats ist die desolate Lage der ABB Kraftwerke AG in erster Linie Ergebnis eines „gravierenden Mißmanagements“. 1996 betrugen die Verluste 150 Millionen Mark. Auch für 1997 wurden hohe Verluste erwartet.
ABB hatte VEB Bergmann Borsig 1991 von der Treuhandanstalt übernommen. Damals waren in dem Betrieb noch 3.400 Mitarbeiter beschäftigt. Die IG Metall warf dem Anlagenbauer vor, von Anfang an kein langfristiges Konzept für den Berliner Produktionsstandort betrieben zu haben. Zugleich forderte die Gewerkschaft den Senat auf, Fördermittel zurückzufordern und diese für die Finanzierung von Auffanglösungen einzusetzen. Belegschaft, Betriebsrat und IG Metall erklärten, mit allen Mitteln für den Erhalt der Arbeitsplätze zu kämpfen. Die PDS bezeichnete die Schließung des Standorts als eine Provokation. Die Berliner Wirtschaftsverwaltung werde offenbar nur noch als Subventionsgeber akzeptiert.
Die Nachricht von der Schließung habe Belegschaft, Betriebsrat und Gewerkschaft „wie ein Keulenschlag getroffen“, erklärte der Erste Bevollmächtigte der IG Metall Berlin, Frank Foede. Er äußerte den Verdacht, daß ABB das Unternehmen nur erworben hat, um in Osteuropa Fuß zu fassen und Subventionen einzustreichen. Dieser Prozeß sei jetzt offenbar beendet und damit das Pankower Werk überflüssig. Solange der Senat einer Umwidmung der Industriefläche in Pankow nicht zugestimmt habe, habe ABB die Produktion weiter verfolgt. Der Senat sollte die Umwidmung für Dienstleistungs- und Handelszwecke zurückziehen, um Spekulationsgeschäfte zu verhindern. taz/dpa/adn
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