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Unter dem Druck der aktuellen Finanzkrise in Südostasien zeigte sich Indonesiens Präsident Suharto bereit, die Auflagen seiner Kreditgeber zu akzeptieren. Sogar einige Großprojekte, die seinen geschäftstüchtigen Kindern genutzt hätten, werd

Unter dem Druck der aktuellen Finanzkrise in Südostasien zeigte sich Indonesiens Präsident Suharto bereit, die Auflagen seiner Kreditgeber zu akzeptieren. Sogar einige Großprojekte, die seinen geschäftstüchtigen Kindern genutzt hätten, werden nun auf Eis gelegt.

Jakartas Kaufmann speckt ab

Anderthalb Milliarden US- Dollar sollte das große Kohlekraftwerk Tanjung Jati C kosten, das der Hongkonger Hopewell- Konzern auf Java bauen wollte. Die Indonesierin Siti Hardijanti Rukmana war ganz besonders von dem Projekt angetan und ließ sich auch dann nicht davon abbringen, als Wirtschaftswissenschaftler erklärten, die Insel produziere schon mehr als genug Energie.

Rukmana, genannt Tutut, ist die älteste Tochter des Präsidenten. Sie hätte an dem Bau des Kraftwerks trotz allem ein hübsches Sümmchen verdient – Papa Suharto hätte die staatliche Elektrizitätswerke schon gezwungen, den Strom abzunehmen.

Doch daraus wird vorerst nichts: Tanjung Jati C gehört zu den 15 Großprojekten, die nun nicht errichtet werden dürfen. Um dem Internationalen Währungsfonds (IWF), der Indonesien mit Krediten von mehr als 43 Milliarden Dollar aus die schwere Finanzkrise retten will, vom guten Willen zur Sparsamkeit zu überzeugen, unterzeichnete Präsident Suharto am Wochenende das Dekret Nr. 5, das die Vorhaben auf Eis legt.

Das war keine Sekunde zu früh. Kurz darauf landeten die strengen Banker aus Washington in Jakarta, die in diesen Tagen mit der Regierung „über das gesamte Reformprogramm und darüber, wie es vorangebracht werden soll“, sprechen, wie IWF-Vizedirektor Stanley Fischer erklärte. Fischer und sein Chef Michel Camdessus, der heute in der Hauptstadt erwartet wird, gehören zu einer ganzen Truppe von Regierungschefs und Ökonomen aus der ganzen Welt, die den widerwilligen indonesischen Staatschef derzeit beknien, endlich in dem korrupten und verfilzten Wirtschaftssystem aufzuräumen. Bill Clinton rief an, der Japaner Hashimoto, und auch Helmut Kohl griff zum Telefonhörer, um seinem alten Anglerfreund ein paar passende Worte zu sagen. Der Singapurer Goh Chok Tong kam gleich persönlich vorbei.

Suharto hatte die Geldgeber und Amtskollegen in den letzten Wochen schwer irritiert, manche Experten sprechen sogar von einem klaren Betrugsversuch. Denn anstatt Projekte, wie bereits einmal versprochen, zu stornieren, ließ er sie still und heimlich wiederbeleben; es versteht sich von selbst, daß die geschäftstüchtigen Kinder des Präsidenten davon profitierten. Das Faß zum Überlaufen brachte Suharto, als er vorige Woche den Haushalt verlas und dabei mit völlig unrealistischen Zahlen jonglierte.

Die „kaiserliche Familie“ verdient immer mit

Unter den Bankern und Regierungschefs breitete sich daraufhin die Furcht aus, der alte Fuchs könnte mit den Milliardenkrediten des IWF Schindluder treiben und befreundeten, in die Klemme geratenen Unternehmern ein hübsches Sümmchen zustecken, damit sie ihre Auslandsschulden begleichen. „Die Hilfe internationaler Finanzinstitutionen sollte nicht dazu benutzt werden, die Verluste habgieriger und spekulativer Geschäftemacher, Investoren und internationaler Banker wieder hereinzuholen“, monierte die Oppositionspolitikerin Megawati Sukarnoputri.

Acht geplante Kraftwerke, vier Autobahnen, eine Wetterstation, ein neuer Großflughafen auf der Insel Sumatra und das höchste Bürogebäude Asiens sollen nun, versicherte Suharto, dem Rotstift – zumindest vorerst – zum Opfer fallen. Nicht nur die 45jährige Tutut, auch Schwester Siti und Suhartos Golfpartner Bob Hasan müssen auf lukrative Beteiligungen verzichten. Darunter fällt auch das „Tripledecker“-Vorhaben, mit dem ein Tutut-Unternehmen die schweren Verkehrsprobleme Jakartas erleichtern wollte: eine aufwendige Betonkonstruktion über den Siedlungen mit Straße, Eisenbahn und einer gebührenpflichtigen Autobahn.

Auch die Tochter des Ministers für öffentliche Projekte muß nun bedauerlicherweise auf ein paar Rupiah verzichten: Eine von ihr geplante Schnellstraße, die Jakarta mit dem Vorort Bumi Serpong Damai verbinden sollte – in dem derzeit unter anderem eine deutsche Schule und ein deutscher Industriepark entstehen –, dürfte ebenfalls auf unbestimmte Zeit verschoben werden.

Ärmer wird die „kaiserliche Familie“, wie ein Kaufmann spöttisch sagt, deshalb nicht. Auf 30 Milliarden Dollar wird ihr Vermögen geschätzt. Es gibt kaum einen Wirtschaftszweig, an dem die Töchter und Söhne Suhartos nicht verdienen. Ausländische Unternehmen, die in Indonesien investieren wollten, kamen selten umhin, einen Sprößling oder Freund der Regierung mit ins Geschäft zu nehmen.

Wer in Indonesien telefoniert, fernsieht, Auto fährt oder ein Flugzeug besteigt, eine landesübliche Nelkenzigarette raucht oder Bier trinkt, macht die Familie Suharto reicher. Als der Enkel des Präsidenten kürzlich allerdings alle Schulkinder des Landes zwingen wollte, ihre Schuhe nur bei ihm zu kaufen, rebellierten selbst enge Mitarbeiter Suhartos. Aus dem schönen Plan wurde nichts.

Doch Geschäftsleute und Oppositionelle machen sich mittlerweile so ihre Gedanken, die vor wenigen Tagen noch absurd erschienen. Was wird etwa nach einem Machtwechsel mit dem Vermögen der Suhartos geschehen? Wenn, so scherzen die Leute in Jakarta, die Suhartos ihr Geld dem Staatshaushalt überschreiben würden, wäre ein großer Teil des Problems gelöst. Insgesamt ist das Inselreich mit rund 130 Milliarden Dollar im Ausland verschuldet, den größten Anteil tragen dabei die privaten Unternehmen.

„Liebt die Rupiah“, lautet die jetzt von der Regierung losgetretene Kampagne: Die Indonesier sollen ihre Devisen gegen Rupiah eintauschen, damit ihr Sturz aufgefangen werde. Suharto-Tochter Tutut wechselte jüngst demonstrativ 50.000 Dollar. Finanzminister, Zentralbankchef und muslimische Würdenträger fanden sich ebenfalls vor laufenden Kameras an den Bankschaltern ein. 600.000 Dollar haben die Indonesier mittlerweile umgetauscht – eine Summe, die den IWF-Bankern nicht einmal ein müdes Lächeln entlocken dürfte. Jutta Lietsch, Jakarta

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