What's hot, what's not: Sauber, sauber, sauber
■ Schluß mit den Käfern: Geschmack in und um Hollywood herum
Es dürfte sich herumgesprochen haben, Leser! Ein neues Jahr hat begonnen. Pflegen Sie etwa der Melancholie, weil der Weihnachtsbaum in der Gosse verrottet? Weil Sie sich demütig durch 365 neue Tage fressen müssen wie durch den dicken süßen Grießbrei im Märchen? Wie meine Freundin Päm (Anderson) immer spricht: Grübeln Sie einfach mal nicht! Auch das neue Jahr hält kommunitaristisch wertvolle Feste bereit.
Am Montag feierte ich beispielsweise den „Nationalen Räum-deinen-Schreibtisch-auf- Tag“. Ich habe diesen Feier- und Gedenktag nicht erfunden; es gibt ihn wirklich, zumindest in meiner lieben Heimat Hollywood, gelegen in den USA. Womöglich haben Sie diesen wichtigen Feiertag übersehen, was der Grund Ihrer Depression sein könnte. Ordentlich begangen, spart der „Räum-deinen- Schreibtisch-auf-Tag“ Zeit, Energie und zudem auf Monate hinaus Streß. Mit den Telefonnummern der mich so stetig wie unerwünscht mit Hauptrollenangeboten belästigenden Filmmoguln räumte ich zweckmäßigerweise auch all jene Ängste in den Müll, welche die Filmhits der vergangenen zwei Jahre in meine zarte Seele gepflanzt hatten, wo sie gediehen und wucherten wie der Klatschmohn am Feldrain, nur nicht so elegant.
„Independence Day“, „Men in Black“, „Alien“ – mit der Aussicht auf „Starship Troopers“ und „Mimic“. Leser, ich rede von XXL-Kakerlaken, mutierten Motten, schleimigen Silberfischchen und glitschigem Glibberkram. Es ist weit schlimmer als vor fünfzehn Jahren im Studentenwohnheim am Ostberliner Hauptbahnhof, wo der Schatten an der Wand sich stets als gemeine Küchenschabe entpuppte. Werden zur Jahrtausendwende Insekten die Führung übernehmen? Die Weltherrschaft? Können wir es wagen, den Kühlschrank zu öffnen, ohne verschlungen zu werden?
Zur Klärung dieser Kernfrage sprach einer meiner zahlreichen Informanten mit Edward O. Wilson, seines Zeichens Entomologe an der Harvard University. Weil Printmedien auch ihrem Bildungsauftrag nachkommen sollten, füge ich an, daß sich die Entomologie mit der Beschreibung und Ordnung von Insekten befaßt. Nun aber Edward O. Wilson zu den oben erwähnten Filmvisionen: „Insekten können gar nicht monstergroß werden“, so unser Experte, „weil sie anstelle eines Innenskeletts außen einen Panzer haben und ihre Muskeln von innen auf die äußere Hülle drücken. Der Panzer müßte also, das Gewicht einer Riesenschabe berücksichtigt, so dick sein, daß sie sich nicht mehr bewegen könnten.“
Ich zögere nicht, meine Erleichterung an Sie weiterzugeben, Leser. Auch ist „Alien“, Wilson zufolge, der beste Science-Fiction-Film, der je gedreht wurde, weil er die Entomologie nur dezent adaptiert und so durch Vermeidung eines Fake- Realismus glaubwürdiger sei als andere. Sigourney Weaver ist sowieso viiiel cooler als andere Schauspieler, meine Freundin Jodie ausgenommen.
Was nun die Ekeltierchen angeht, so gilt auch hier die alte ATA-Weisheit. „Auch du, Genosse, hältst die Küche rein!“ Schließlich möchte Sigourney Ripley auch mal entspannen. Abschließend unsere Preisfrage: „Erscheinen Sie / Sonst weinen Sie!“ Aus welchem coolen Insektenfilm stammt dieses gelungene Dichterwort, das für das vor uns liegende Jahr aufgegriffen wurde? Sie wissen es nicht? Ach, scheren Sie sich doch zum Teufel, Leser, Sie sind diese Zeitung und ihr Bemühen um Bildung nicht wert, befindet Anke Westphal
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen