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Kreativitätssteigerung durch Verantwortung

■ Kultursenatorin Christina Weiss über Strukturreformen und die Verselbständigung der Hamburger Museen

taz hamburg : Vergangenes Jahr konnten Sie zwei neue Museen in Hamburg eröffnen. Was ist Ihr Arbeitsschwerpunkt für 1998?

Christina Weiss: Hauptaufgabe 1998 ist die Verselbständigung der Museen. Es geht dabei nicht um Privatisierung von staatlichen Kunstgütern, es geht um eine neue Organisationsform, die den Museen erlaubt, sich in ihrem eigenen Betrieb unternehmerisch zu organisieren. Wir wollen weder Kunstschätze verkaufen noch jemanden entlassen. Es geht darum, eine Struktur zu schaffen, die es ermöglicht, so effektiv wie nur irgend möglich das „Unternehmen Museum“zu managen. Und das ist als Teil einer Behörde nicht so gut möglich.

Es ist kaum vorstellbar, die Effizienz weiter zu steigern.

Doch, das ist vorstellbar. Wir können das Staatsgeld nicht vermehren. Wir müssen aber die strukturelle Möglichkeit schaffen, daß die Phantasie gereizt wird, Neuerungen, neue Geldquellen, neue Veranstaltungsformen zu erfinden. Ich glaube, daß unsere drei Staatstheater niemals diesen Erfolg hätten haben können, wenn sie nicht durch die neuen Strukturen befreit worden wären. Im Grunde muß Kreativität herausgefordert werden, dadurch, daß man sagt: Ihr seid verantwortlich!

Ist die Kreativität steigerbar?

Ja. Die Möglichkeiten im Bereich Vermietung, Museumsshops und Publikumsveranstaltungen halte ich noch für enorm steigerbar. Das Museum für Kunst und Gewerbe erhält private Millionengeschenke, weil es so erfolgreich ist. Das ist ein Konzept-Erfolg und ein Service- Erfolg und ein Freundlichkeits-Erfolg (lacht)... Und all das liegt daran, daß Direktor Hornbostel sich als Manager seines Hauses versteht und nicht nur als Wissenschaftler, der nebenbei noch ein biß-chen Publikum befriedigen muß. Auch ohne das Finanzierungssystem der USA zu übernehmen, können wir von der dortigen Art und Weise, mit Publikum, mit Freunden und Förderern umzugehen, viel lernen. Außerdem glaube ich, daß neues Publikum zu gewinnen ist, denken Sie an den riesigen Erfolg des „Tags der Museumsmeile“.

Ca. 1,5 Millionen Besucher hatten die staatlichen Hamburger Museen zusammengenommen im letzten Jahr.

Alle Besuche in Kultureinrichtungen, inklusive Bücherhallen und Kinos, ergeben zusammen im Jahr 15 Millionen „Kulturnutzungen“. Das ist mehr als auf den Sportplätzen.

Es ist doch schlimm, wenn die Kultur zu ihrer Selbstbehauptung schon gegen Sport oder Sozialhilfe argumentieren muß.

Was mich wütend macht: Auf der einen Seite gibt es eine bundespolitische Feigheit, Strukturen zu verändern. Man tut so, als sei es weniger schlimm für die Gesellschaft, Bildung, Wissenschaft, Sozialeinrichtungen und Kultur zu kürzen, statt große Entscheidungen zu treffen: Steuerreform, Tarifregelungen. Ich finde, die Schließung von solchen Einrichtungen, wie wir sie vertreten, ist ein richtiges Vergehen an der Zukunft der Gesellschaft.

Was bleibt bei einer Strukturreform noch für die Kulturbehörde zu tun übrig? Muß diese nicht selbst verkleinert werden?

Auch wenn bisher nachgeordnete Stellen selbständig werden, die Kulturbehörde muß sie weiter betreuen und kontrollieren. Der Arbeitsumfang wird nicht wesentlich geringer, er wird anders. Ohne direkte Abhängigkeit ist in den neuen Strukturen der Zwang zu kommu-nizieren eher größer. Wir haben schon hohe Personaleinsparungen erbracht, und wir werden genau wie Museen und Theater unsere Leistung nur erbringen können, wenn auch wir die Struktur gründlich verändern.

Warum wurde eigentlich nicht früher bemerkt, daß sich Teile der Museen, wie Archive etc., in grauenhaftem Zustand befinden?

Das ist die Schattenseite wissenschaftlicher Spezialisierung. In einem meiner ersten Interviews vor über sechs Jahren habe ich gesagt: „Die Museen sind in einem maroden Zustand.“Und deshalb gingen die Hauptzugewinne in den ersten Jahren meiner Amtszeit in den Bereich Museen. Aber durch die Sparauflagen ist die notwendige Sanierung seit 1994 ins Stocken gekommen.

Es wird der Vorwurf erhoben, Geld für Neubauten und rauschende Eröffnungsfeste sei reichlich vorhanden, aber am folgenden Alltagsbetrieb werde gespart.

Die Kritik greift zu kurz. Es waren die letzten Sekunden in unserer Epoche, wo es noch möglich war, neue Kulturinstitutionen zu gründen und alte zu erweitern. Jetzt werden wir auch über karge Zeiten hinweg die Institutionen offen halten – mit allen möglichen Tricks. Ich halte nichts davon, etwas zu schließen, um mehr Geld für die übrigen zu bekommen. Wir sind längst nicht mehr nur für die Bildungsbürger da, sondern wir sind da, um die Bürger zu bilden.

Fragen: Hajo Schiff

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