: Bei Anruf Betrug?
■ Dubiose Wohnungsvermittler nutzen die Sonderdienste der Telekom
Ein Traumangebot, wie es nur ganz selten im Hamburger Abendblatt steht: Vier Zimmer in Eppendorf, verteilt auf 103 Quadratmeter Wohnfläche, zu einer Warmmiete von nur 1495 Mark. Doch wer die Telefonnummer des angeblichen Berliner Eigentümers wählt, erhält nur eine neue Nummer. Und die beginnt mit „0190“.
Dort meldet sich – zum erhöhten Tarif von 1,15 Mark pro Minute – der Anrufbeantworter einer „Büroserviceagentur Michael Höller“. Am Ende der Ansage, so verspricht die Stimme von der Konserve, können die Interessenten ihre Daten hinterlassen. Doch erstmal müssen sie minutenlang weitere Wohnungsangebote aus der ganzen Republik über sich ergehen lassen.
„Einen klaren Fall von Betrug“ wittert Eve Raatschen von „Mieter helfen Mietern“ hinter dem „Wohnungsangebot“. Sie bezweifelt, daß die weit unter üblichem Mietniveau angepriesene Wohnung überhaupt existiert. Vermutlich diene sie nur als „Lockvogel“, um Wohnungssuchende zum Anruf zu bewegen. Denn nach Abzug der an die Telekom zu bezahlenden Tarife bleibt für den „Büroservice“ ein hübsches Gebührensümmchen übrig.
In Berlin sind solche Praktiken längst bekannt – die Kripo ermittelt. Ulli Pieper von der Berliner Mietergemeinschaft warnt vor den „dubiosen Geschäftemachern“, die „ohne großen Aufwand an der Wohnungsnot verdienen“. Pieper ist „kein einziger Fall“ bekannt, in dem einE WohnungssuchendeR von der mit ähnlichen Methoden arbeitenden „Büroserviceagentur Rainer Langer“ einen Rückruf oder gar eine Bleibe erhielt.
Obwohl gegen Langer – der mit Michael Höller neben der Methode auch die Adresse teilt – bereits die Kripo wegen Betruges ermittelt, bleiben die mutmaßlichen Nepp-Leitungen weiterhin offen. Achim Wehrmann, in der Düsseldorfer Telekom-Zentrale für Verbraucherschutz verantwortlich: „Wir können den gültigen Nutzungsvertrag für die Leitung erst kündigen, wenn die Staatsanwaltschaft uns mitteilt, daß es einen konkreten Betrugsverdacht gibt“.
Das dürfte keine leichte Aufgabe sein. Ulli Pieper: „Der Nachweis, daß die angebotenen Wohnungen nicht existieren, ist fast unmöglich“. „Und die Telecom“, ergänzt Eve Raatschen, „verdient kräftig mit“. Marco Carini
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