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„Staatsbürger in Uniform“

Furcht vor einem Wiedererstarken des deutschen Militarismus und das Drängen der drei Westalliierten bewog die politische Elite der jungen Bundesrepublik, die neue Armee nach einer Wiederbewaffnung strikten Kontrollmechanismen zu unterwerfen. Am 6. März 1956 verabschiedet der Bundestag das Soldatengesetz, in dem soldatische Pflichten und Erziehungsziele festgehalten sind.

Verpflichtet wird das gesamte militärische Korps auf „Treue gegenüber der Bundesrepublik und ihrer verfassungsmäßigen Ordnung, Verteidigung der Freiheit und der Rechtsordnung, Gehorsam, strenge Pflichterfüllung, Disziplin, Kameradschaft und einwandfreies Verhalten im und außer Dienst“. Das Militär der demokratischen Bundesrepublik sollte – wie seine Vorgängerarmeen – keinen Staat im Staate bilden; seine Teile sich dem parlamentarischen Willen unterwerfen.

Um weitere Reformdebatten und -maßnahmen innerhalb der Bundeswehr voranzutreiben, wird 1958 der Beirat für Fragen der Inneren Führung gebildet. Die Zentrale Dienstvorschrift Hilfen für die Innere Führung aus dem Jahre 1957 legt die verfassungsmäßigen Grundlagen und Aufgaben der Bundeswehr fest: „Innere Führung soll sich in der Ausbildung, der Menschenführung, in politischer Bildung, im Wehrrecht und in der soldatischen Ordnung verwirklichen.“

Die Dienstschrift verfolgt das Konzept vom Staatsbürger in Uniform und ist bestrebt, die Soldaten, trotz besonderer Aufgaben und hierarchischer Militärsordnung, in die demokratische Gesellschaft zu integrieren.

Für den Führungsstil der Vorgesetzten stellt die Zentrale Dienstvorschrift eine Reihe von Leit- und Grundsätzen über Ausbildungsmethoden und Truppenfürsorge auf: „Zu den besonderen Pflichten der Vorgesetzten gehört es, Würde und Rechte des Soldaten zu respektieren, durch eigene Haltung und Pflichterfüllung innerhalb und außerhalb des Dienstes ein Beispiel zu geben und von seiner Befehlsgewalt im Bewußtsein seiner Verantwortung Gebrauch zu Machen. Der Vorgesetzte soll den Willen des Soldaten zum Gehorsam stärken, indem er ihm die Einsicht in die Notwendigkeit der militärischen Maßnahme vermittelt.“

Die im September 1956 in Koblenz gegründete Schule der Bundeswehr für Innere Führung (heute: „Zentrum Innere Führung“) soll als zentrale Lehr- und Forschungsstätte dafür Sorge tragen, die Bundeswehr mit den Entwicklungen in Gesellschaft, Politik und Wissenschaft in Kontakt zu bringen.

Die Erziehung der Soldaten zu Verantwortungbereitschaft und Disziplin wird ergänzt durch staatsbürgerlichen und völkerrechtlichen Unterricht. Kenntnisse der Zusammenhänge sollen die politische Mitverantwortung der Soldaten wecken.

Der (oder die) Wehrbeauftragte des Bundestages unterstützt das Parlament seit 1957 bei der Kontrolle der Streitkräfte und soll Grundrechtsverletzungen bei der Bundeswehr nachgehen und dem Parlament über den inneren Zustand der Bundeswehr berichten. Darüber hinaus steht er (oder sie) den Soldaten als Beschwerde-Instanz zur Verfügung. k.öck & hcs

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