■ Rosi Rolands Bremer Geschichten: Detlev Albers war nie weg
Böse Zungen haben gemunkelt, es sei mit ihm etwas Böses passiert, mit dem großen Vorsitzenden der Bremer SPD. Irgendwie war Detlev Albers über gewisse Zeiten nicht da, politisch jedenfalls. Hatte die SPD noch einen Landesvorsitzenden, hatte sie keinen mehr, wer konnte das wissen. Es hätte ja sein können, daß er um Europa-Gelder in Brüssel ansteht oder in Hamburg eine gewerkschaftspolitische Untersuchung anstellt, was auch immer.
Alles falsch: In Hannover-Wettbergen in der Johannes-der-Täufer-Gemeinde war er und hat eine Neujahrspredigt gehalten, die mußte vorbereitet werden, und damit die angemessen verbreitet wurde, war das Parteibüro in Finndorf erheblich damit ausgelastet, die Worte des Vorsitzenden in alle Welt zu versenden. Danach war auch der Vorsitzende urlaubsreif.
Im Spiegel hatte Detlev Albers sich wegen seines mutigen Slogans von dem „Muff unter den Talaren“feiern lassen, er, der Alt-68er. In der Kirche hatte er salbungsvoll ermutigende Worte über die Studenten-Proteste heute gefunden – das reizte doch, einmal die Geschichte von dem Ordinarius gleichen Namens zu erzählen, der seinen Namen auf ein Buch setzen ließ, das seine Studenten geschrieben hatten (vgl. Rosi am 10.1.). Als dann gleich der Spiegel bei Albers anrief und fragte, ob die Petitesse denn für die „Personalien“-Spalte verwendbar sei, da muß Albers unruhig geworden sein.
Mit einer wendig eingefädelten Äußerung meldete er sich auf der kleinen Bremer Bühne zurück. „Torpediert Bremen den Lauschangriff?“, lautete dieWeser Kurier-Schlagzeile. Es dränge sich auf, so hatte Albers der Zeitung anvertraut, daß Bremen nicht zustimme, wenn die Grundgesetzänderung eine 2/3-Mehrheit braucht. Begründung: Führende SPD-Politiker wie er seien eben nicht dafür. Es drängt sich auf: Das ist wohlabgewogen formuliert. Das ist nicht die alte fundamentalistische Brechstange nach der Art: „Ich will“oder: „Hier stehe ich und kann nicht anders.“Nein, Albers mißbraucht nicht seiner Position als SPD-Landesvorsitzender, um eine Position klar zu formulieren. Er glaubt auch nicht mehr daran, daß Parteitagsbeschlüsse seiner Bremer SPD dafür gefaßt werden, daß SPD-Politiker im Senat oder in der Bürgerschaftsfraktion sich daran orientieren sollten. Das wäre zu einfach.
Nein, Albers ist nicht mehr der 68er. Bauernschlau verkündet Albers just an dem Tag, an dem die Verhandlungen in Bonn mit einer klaren 2/3-Mehrheit im Bundestag beendet werden, daß der Beschluß des Gesetzgebers „noch korrigierbar“sei. Das schafft Hoffnung.
Wenn man aus der Kirche rauskommt, ist man immer schlauer, sagt eine Volksweisheit. „Der Weg eines 68ers, als der ich heute zu Ihnen spreche, auf eine Kirchenkanzel wie diese ist weit, sehr weit sogar“, hatte Albers gesagt. Oder: „Niemand ist davor sicher, viel zu schnell wirklich Notwendiges und vermeintliche Sachzwänge in eins zu setzen.“Weise, sehr weise, findet Rosi Roland
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