: SPD kanzelt Polizeipräsidenten ab
■ Polizeipräsident Saberschinsky wurde im Innenausschuß für technische Pannen bei der Polizeireform scharf kritisiert. Statt Profis versuchten sich Polizisten am EDV-Programm
Noch nie in der Geschichte des parlamentarischen Innenausschusses ist ein Polizeipräsident von einem Mitglied der Regierungsfraktion so abgekanzelt worden wie gestern Hagen Saberschinsky (CDU). Der innenpolitische Sprecher der SPD, Hans-Georg Lorenz, prügelte verbal so erbarmungslos auf den Polizeipräsidenten ein, daß jener deutlich angeschlagen wirkte. Saberschinsky habe versagt und den für Anfang Januar geplanten Probelauf der Polizeireform vergeigt.
Wie berichtet, kämpft die Polizeiführung bei der Umsetzung des Berliner Modells in der Direktion 5 mit größeren Problemen, als bislang zugegeben. So mußte der Probelauf der geplanten Einbindung der Schutzpolizei in die Kriminalitätsbekämpfung auf Februar verschoben werden, weil die EDV noch nicht ausgereift ist. Statt externe Software-Spezialisten damit zu betrauen, hatte die Polizeiführung auf Freizeitprogrammierer in ihren eigenen Reihen gesetzt, die jedoch kläglich scheiterten. Bei der Übertragung der Daten von den Abschnitten zur Direktion traten schwere Fehler auf.
Bei der letzten Innenausschußsitzung am 24. November hatten Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) und Polizeipräsident Saberschinsky auf Fragen der SPD noch versichert, alles sei im Lot. Aber nicht nur diese Fehleinschätzung erzürnte gestern die SPD. Daß ausgerechnt die computertechnisch unterbelichtete Schutzpolizei bei der Vernetzung ihres Apparates auf eigene „Bordmittel“ setzte, zeigt laut Lorenz, daß Saberschinsky „überhaupt nichts begriffen“ habe. Schließlich sei das zentrale Anliegen des Berliner Modells, die Polizei schleunigst auf den aktuellen Stand der EDV zu bringen, und nicht, daß die Schutzpolizei Aufgaben der Kripo wahrnehme. Mit der Panne habe Saberschinsky den Reformgegnern innerhalb der Polizei Auftrieb gegeben. „Wenn Sie das nicht wieder auf die Leine kriegen“, rief Lorenz dem Polizeipräsidenten zu, „sind Sie ein Zerstörer.“
Saberschinskys Gesichtsfarbe wechselte von leichenblaß zu puterrot. Betroffenheit schwang mit, als er sagte, daß er zu den „persönlichen Vorwürfen“ nicht Stellung nähme. „Wir haben den Aufwand einfach überschätzt“, räumte er ein. Die Probleme seien inzwischen jedoch behoben, und die Schulung der Mitarbeiter habe begonnen. Innensenator Schönbohm verteidigte seinen Polizeipräsidenten und kündigte die Einrichtung einer „task-force“ zur Behebung künftiger EDV-Probleme an. Die von dem Schlagabtausch sichtlich amüsierten Abgeordneten der Grünen prophezeiten für die Zukunft noch „so manche Überraschung“. Plutonia Plarre
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