„Trialog“hilft psychisch Kranken nach der Entlassung

■ In Lüneburg arbeiten Angehörige, Therapeuten und Betreuer eng zusammen, damit die Patienten wieder selbständig leben können

Lüneburg. Was wird nach der Entlassung aus der Nervenklinik? Bei dieser Frage befällt viele Patienten ein Gefühl von Hilflosigkeit und Angst. Der Krankenhausseelsorger Eckhard Fedrowitz hat sie daher zum Thema des „Trialogs“im Niedersächsischen Landeskrankenhaus (NLKH) in Lüneburg gemacht. Das Forum fördert seit vier Jahren Verständnis und Hilfestellung zwischen psychisch Kranken, ihren Angehörigen und Fachpersonal wie Therapeuten und Betreuern.

So schildert ein Vater den steinigen Weg seines Sohnes seit dem Ausbruch der Krankheit: Vor 14 Jahren aus der Bundeswehr entlassen, litt der junge Mann unter so starkem Verfolgungswahn, daß er für mehrere Wochen ins Krankenhaus mußte. Nach einem weiteren Aufenthalt in einer Tagesklinik mißglückte sein Versuch, wieder in seinem erlernten Beruf Fuß zu fassen. Es folgten für den heute 38jährigen Arbeitslosigkeit und übermäßiger Alkoholkonsum. Die notwendigen Medikamente konnte er nicht regelmäßig einnehmen.

Für die Eltern mit zwei weiteren Kindern war die Verantwortung kaum noch tragbar. „Vor drei Jahren nun haben wir einen ambulanten Betreuer gefunden, der sich zweimal wöchentlich um unseren Sohn kümmert.“Seitdem hat der 38jährige eine kleine Wohnung, geht regelmäßig zum Arzt, um sich eine Depotspritze setzen zu lassen, und lehnt Alkohol ab, sagt der Vater. „Durch die Betreuung ist nicht nur eine Entspannung für meine Frau und mich eingetreten. Die neue Beziehung hat unseren Sohn vor allem mehr Selbständigkeit gebracht.“

Jutta Kuhlcke, seit vielen Jahren als Nervenärztin in der Institutsambulanz des NLKH tätig, bestätigt dies. „Aus Sorge verlieren wir manchmal aus dem Blickfeld, wie groß das Potential an Selbständigkeit eigentlich noch ist. Wenn wir dem Kranken mehr zutrauen, kommt es oft zur allgemeinen Entlastung für die Familie.“Betreuer kümmern sich um Wohnheimplätze, regulieren Schulden oder beantragen Renten.

Ungelöste Probleme wie zum Beispiel die soziale Isolation psychisch Kranker nach ihrer Entlassung und fehlende geschützte Arbeitsplätze nennt Sozialpädagoge Claus Winterhoff vom Sozial-psychiatrischen Dienst der Klinik. Der „Trialog“habe aber schon einiges bewegt, sagt Pastor Fedrowitz. So sei nach dem Gesprächsabend zum Thema „Aufnahme“die „Behandlungsvereinbarung“für zurückkehrende Patienten möglich geworden. Nach einem „Bielefelder Modell“können Patienten beispielsweise schriftlich hinterlegen, welche Medikamente ihnen gut bekommen sind und welcher Besuch in Krisenzeiten vermieden werden sollte. dpa