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Makaber -betr.: Öffentliche Gelöbnisse: "Zivile Nutzung", "Gegen bequeme Lösung", taz-Hamburg vom 13. und 17./18.1.1998

Rekrutenvereidigung in KZ-Gedenkstätten – wie kommt man nur auf eine so abwegige Idee? Sollen wir uns solch ein makabres Zeremoniell auf den damaligen Appellplätzen vorstellen?

Plötzlich soll eine Maßnahme getroffen werden, um den jungen Menschen die deutschen Verbrechen zu verdeutlichen – ein ganz neuer Gedanke! Aber ich setze doch voraus, daß dies ständig geschieht. Ich setze voraus, daß die Rekruten sachlich über die deutsche Geschichte und die Rolle der Wehrmacht unterrichtet werden. Ich setze außerdem Exkursionen zu KZ-Gedenkstätten voraus, im Laufe derer verstanden wird, wie eine Durchsetzung von Ordnung mit militärischen Disziplin-, Gehorsams- und Bestrafungsformen, vielfach nach Kriegsrecht, in Lagern wie z.B. Dachau bewußt zur psychischen und physischen Zerstörung von Menschen eingesetzt wurde.

Ich hoffe, die Bundeswehr widersteht der Versuchung, mit solchen spektakulären Gschmacklosigkeiten, wie Ortwin Rundes Vorschlag eine ist, ihr angekratztes Image aufzubessern, und macht sich statt dessen im Innern an die notwendige Arbeit.

Und ich hoffe, alle KZ-Gedenkstätten weisen dieses Ansinnen, das einen Mißbrauch ersten Ranges darstellt, umgehend und strikt von sich.

Barbara Gohlke-Paul

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