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Zornige Dichter Afrikas

■ Am Sonntag startet die 22. Literarische Woche

Bremen und Literatur bringt man nicht automatisch zusammen. Eine Ausnahme bildet allerdings die alljährlich von der Rudolf-Alexander-Schröder-Stiftung initiierte Literarische Woche, die am Sonntag beginnt und den Schwerpunkt afrikanische Literatur hat – eine Literatur, deren Vielschichtigkeit hierzulande erst seit wenigen Jahren wahrgenommen wird.

Viele der geladenen Autoren stammen aus Ländern, aus denen sie ins Exil fliehen mußten: Aus Nigeria zum Beispiel, jenem Land, dessen Militärregime trotz weltweiten Protestes 1995 Ken Saro-Wiwa hinrichtete und bis heute seine rigide und repressive Haltung gegenüber Oppositionellen nicht aufgegeben hat.

Die Freiheit des Wortes existiert in Nigeria nicht. Was das bedeutet, hat der Journalist Manfred Loimeier in seinem Buch „Zum Beispiel Ken Saro-Wiwa“eindringlich formuliert. Er eröffnet am Montag um 20 Uhr in der Neustädter Stadtbibliothek das Programm der „Woche“mit einem Vortrag über die moderne afrikanische Literatur und die Lebens- und Arbeitsbedingungen afrikanischer AutorInnen.

Wie Ken Saro-Wiwa und Wole Soyinka, – der Literatur-Nobelpreisträger wird seit Juli 1997 von der Militärjunta steckbrieflich gesucht – , stammt auch Uche Nduka aus Nigeria. Er floh aus seiner Heimat und fand Asyl in Deutschland. Der vielfach ausgezeichnete Lyriker lebt in Hamburg, will aber bald nach Bremen übersiedeln. Uche Nduka wird am 27.1. um 20 Uhr im Bürgerhaus Weserterrassen mit den Autoren Elias Dunu und Godwin Ede die „Nigerian Poets Night“gestalten, die musikalisch von Olivia Rossa begleitet wird.

„Wenn Heimat so etwas wie das Zentrum des Lebens meint, dann ist das Schreiben mein Zuhause. Der Paß dafür läuft niemals ab.“Diese Zeilen stammen von Nurrudin Farah, einem der wichtigsten afrikanischen Autoren. Der gebürtige Somalier studierte in Indien und lebt heute, nachdem er von der somalischen Regierung ins Exil gezwungen wurde, zwischen den Kontinenten Afrika, Amerika und Europa. Er sieht sich selbst als „nomadisierenden Weltbürger“und hat einen Schreibstil entwickelt, der auf wohl einmalige Weise mündliche Erzähltraditionen mit Literaturformen westlicher Prägung verknüpft. Farah liest am Donnerstag um 20 Uhr im Übersee-Museum aus seinem Roman „Maps“.

Chenjerai Hove aus Zimbabwe hatte sich bereits als Lyriker einen Namen gemacht, bevor ihm mit seinem ersten Roman „Bones“der internationale Durchbruch gelang. Hove besticht durch seine dichte poetische Sprache, deren Bilderwelt weitgehend dem Shona entlehnt ist. Er versucht die hierzulande gängigen Ordnungsprinzipien des Romans aufzubrechen, die der afrikanischen Geisteswelt nicht entsprechen: die Linearität der Ereignisse, die starre Trennung zwischen Lebenden und Toten, Gegenwart und Vergangenheit.

Hove stellt am Freitag um 20 Uhr im Übersee-Museum seinen Roman „Schattenlicht“vor. Tags darauf hat man nochmals Gelegenheit, ihn im Übersee-Museum beim „Round Table“zu erleben: Mit Chenjerai Hove stellen sich Elias Dunu, Ilija Trojanow (Gründer des Marino Verlages), Elsbeth Wolffheim (im Vorstand des P.E.N. verantwortlich für „Writers in Prison“) und Kolyang Dina Taiwé (Autor und Informatik-Dozent an der Universität Bremen) den Fragen des Publikums zu afrikanischer Literatur.

Ein wesentlicher Bestandteil der Literarischen Woche ist die Filmreihe im Kino 46. Neben Arbeiten von Ken Saro-Wiwa wird dort eine Auswahl von Ousmane Sembène gezeigt, einem der namhaftesten Regisseure Afrikas. Mit Spannung wird zudem am Donnerstag im Moments der Auftritt von Lesego Rampolokeng erwartet. In seinen radikalen gesellschaftskritischen Texten, deren Worte er in Musik verwandelt, verbindet er die Tradition des Dithoko-Sprechgesanges mit Elementen aus Rap oder Dub. Rampolokeng ist auch am Freitag bei der Weltnacht im Bürgerhaus Weserterrassen zu erleben.

Hingewiesen sei auch auf die Videoinstallation von Oladélé Ajiboyé Bamgboyé, die vom 7.2. bis 28.2. in der Städtischen Galerie zu sehen ist. Der junge Nigerianer wendet sich in seinen Arbeiten „gegen jeden Versuch, auch weiterhin systematisch zu leugnen, daß es in Afrika jemals Errungenschaften gegeben hat oder gibt, die denen des Westens vergleichbar wären“. Oladélé Ajiboyé Bamgboyé will den hierzulande gängigen Kli-schées „positive und echte Bilder von Afrikas Materialität“entgegensetzen. Ein Ziel, das er mit großem persönlichem Erfolg umsetzt: Im September war seine Arbeit bei der documenta X zu sehen.

Dora Hartmann

Das vollständige Programm ist unserem Veranstaltungskalender zu entnehmen.

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