: Ehemalige Besetzer räumen Punker
■ Mit der Räumung eines von Punks bewohnten Flügels eskalierte der Streit im ehemals besetzten Hauskomplex Brunnenstraße in Mitte
Rund um den Rosenthaler Platz in Mitte herrscht derzeit schlechte Stimmung – zumindest was die linke Szene angeht. Nachdem am Samstag früh der schwelende Konflikt zwischen verschiedenen Fraktionen der BewohnerInnen im ehemals besetzten Komplex Brunnenstraße 7–8 mit einer Aussperrung und damit der Räumung der Punkfraktion vorläufig ihren Höhepunkt erreicht hat, verschanzen sich nun die einen im Hof, die anderen sinnen von außen auf eine Revanche.
Überall zwischen Brunnenstraße, Rosenthaler Platz, Weinbergsweg und Veteranenstraße sammelten sich am Samstag Abend kleinere Grüppchen – Punks untereinander, Punks mit Bewohnern anderer Hausprojekte, unbeteiligte BeobachterInnen aus dem Kiez. Teilweise wurde heftig miteinander diskutiert, andere standen nur angstvoll-erwartend auf der Straße. Die politische Szene im Kiez ist besorgt darüber, was im Rahmen dieses Konfliktes noch alles passieren könnte. Nach den ganzen Tag über anhaltenden kleineren Auseinandersetzungen rund um die Brunnenstraße, erschien am Samstag abend schließlich auch noch die Feuerwehr zu einem Einsatz: Das Eingangstor der Brunnenstraße kokelte, die Explosion einer Gasflasche konnte vermieden werden.
Der jetzt eskalierte Konflikt reicht Jahre zurück. Der Gesamtkomplex war im Zuge der neuen Berliner Hausbesetzungswelle zur Wendezeit von verschiedenen linken Gruppen instandbesetzt und später durch Einzelmietverträge legalisiert worden. In einem Gebäudeteil, dem sogenannten B-Flügel, hatte sich später eine sehr lose Hausgemeinschaft gebildet – mehrheitlich Punks oder jugendliche Trebegänger. Das Miteinander der verschiedenen Hausgemeinschaften hatte jedoch sehr bald tiefe Risse bekommen. Während die Punks dem Rest des Komplexes Unfähigkeit vorwerfen, mit den Lebensvorstellungen anderer klarzukommen und sie für ihre angeblich aufgesetzten Politikvorstellungen angriffen, wurde der Punk-Fraktion vorgeworfen, sexistisches Verhalten aus ihren eigenen Reihen ebenso zu tolerieren, wie Gewaltandrohungen. So soll zum Beispiel von dem „Punk-Flügel“ aus ein Zimmer eines anderen Hausflügels mit Leuchtspurmunition beschossen und am „B-Flügel“ eine Beate-Uhse-Puppe aufgehängt worden sein.
Zuletzt hatte die große Mehrheit der BewohnerInnen beschlossen, den Sexismus und die Bedrohung vor allem von Frauen nicht länger dulden zu wollen und den BewohnerInnen des B-Flügels die Räumung angedroht. Eine weitere Begründung dafür: das Gesamtprojekt, von dem nicht alle Teile vertraglich gesichert seien, sei durch die Punks, die keine Miete zahlten, gefährdet. Der Versuch, miteinander zu reden, war von beiden Seiten längst als fruchtloses Unterfangen ad acta gelegt worden. Deshalb kam es am Samstag bei Minustemperaturen zur Räumung des Hausflügels. taz
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