piwik no script img

Der göttliche Hofnarr

■ Spirituelle Wiedergeburt sichert die Karriere: Mobutus Ex-Propagandachef dient jetzt Kabila

Brüssel (taz) – Er ist ein Charmeur, er verbreitet Enthusiasmus und Lebenslust: Dominique Sakombi Inongo, einstiger „Staatskommissar“ (so hießen in Zaire unter Mobutu die Minister) für „Nationale Orientierung“ und später für „Mobilisierung, Propaganda und Volksanimation“. Er war der große Meister der mobutistischen Riten mit Gesängen, Tänzen und dem Kult einer erfundenen afrikanischen „Authentizität“, in der Miniröcke und Krawatten verboten waren. „Den Mobutismus habe ich erfunden!“ rief er einmal in einer Rede.

Heute läßt sich Sakombi nur noch „Bruder Dominique“ nennen. Und er hat die Herren gewechselt: Nachdem Zaire der Demokratischen Republik Kongo wich und Laurent-Désiré Kabila an die Stelle von Joseph-Désiré Mobutu trat, wurde Sakombi Kommunikationsberater des neuen Präsidenten.

Es war eine lange Konversion. Alles begann, erzählt Sakombi, am 8. März 1989, als dem „Staatskommissar“ Gott im Traum erschien und befahl, Partei und Regierung zu verlassen. Das war immerhin noch zu einer Zeit, als Mobutu fest im Sattel saß. Sakombi schrieb ein aufsehenerregendes Bekenntnis in seiner Zeitung La Voie de Dieu (Gottes Weg). „Ich, mit meinem fliegenden Teppich“, so Sakombi, „mit dem ich in ein paar Minuten von Kinshasa nach Paris reisen konnte, gebe jetzt zu, daß meine bisherigen Kommuniqués vom Teufel inspiriert worden sind“, schrieb er. Dem Teufel habe sich nämlich Mobutu immer mehr angenähert und das zairische Volk „verhext“.

Und im September 1997, als Mobutu tot war und Kabila seit vier Monaten an der Macht, wurde Sakombi zu Hause in Kinshasa aufgesucht und nach Lubumbashi im Süden gebracht, um den neuen Präsidenten zu treffen. Überraschend kam das für Sakombi nicht, sagt er. Denn Gott habe ihn schon vorgewarnt: Gott nämlich habe Kabila auserwählt, um den Kongo zu retten, und Kabila brauche natürlich Sakombis „spirituelle und politische Bereicherung“. In Lubumbashi habe Kabila ihm dann seine Glückwünsche ausgesprochen, weil er schon so früh den Mobutismus denunziert habe. Und Kabila sei von seiner „politisch- spirituellen Analyse“ so begeistert gewesen, daß er ihn gleich zum Berater ernannt habe.

„All das, was Gott mit dem jüdischen Volk nicht gemacht hat, wird er mit dem kongolesischen Volk machen“ – unter Leitung Kabilas – behauptet Sakombi. Außerdem sei ja Kabila selber überzeugt, „daß Gott ihn genutzt hat, um unser Land zu befreien“. Daher hat Sakombi auch keine Bedenken, daß er möglicherweise einem neuen Tyrannen dienen könnte.

Nun ja: Der Präsident der Demokratischen Republik Kongo scheint spirituelle Hilfe nötig zu haben. Am 2. Januar ernannte Kabila einen Psychoanalytiker zum Kabinettsdirektor: Abdoulaye Yerodia Ndombassi, väterlicherseits senegalesischer Abstammung, ehemaliger Professor an der Pariser Sorbonne und davor Kompagnon Kabilas aus dessen Zeit als Buschkämpfer 1964. Nun darf man gespannt sein, wie sich Kabila zwischen den spirituellen Ratschlägen Sakombis und den freudianisch- marxistischen Ratschlägen Yerodias entscheidet. François Misser

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen