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KommentarVerletzlich

■ Grundgesetz wird zum Schweizer Käse

„Ich habe Vertrauen in unsere Demokratie“– um solche Bekenntnisse ging es in der Bürgerschaft. Dürfen wir darauf vertrauen, daß mit den neuen Möglichkeiten, nämlich in Wohnungen einzubrechen und Wanzen zu installieren, verantwortlich umgegangen wird?

In der vergangenen Woche ist in Bremen eine Wohnung durchsucht worden – ein Eingriff in die nach Art. 13 Grundgesetz geschützte „Unverletztlichkeit der Wohnung“, aber erlaubt nach Absatz 2. Die Staatsanwaltschaft wollte klären, wer Verfasser eines Flugblattes war, das im Mai 1997 an der Uni verteilt wurde. Vorwurf: „Verunglimpfung“durch das Wort „Denunziant“. Das reicht heute für Staatsanwaltschaft und Richter, um eine Abwägung gegen die „Unverletzlichkeit der Wohnung“vorzunehmen.

Als Absatz 3 des Art. 13 soll die Ermächtigung zum Lauschangriff eingefügt werden. Wird die Schwelle der „Verhältnismäßigkeit“beim Abhören einer Wohnung auf Dauer eine ganz andere sein als bei der Durchsuchung? Und was ist mit der Telefonüberwachung, die ein heute schon legitimer „Lauschangriff“auf das vertraulich gesprochene Wort ist?

Wer nun das Vertrauen hat, wenigstens in Zeiten knapper Kassen würden sich die staatlichen Organe vor allem auf die schwere Kriminalität konzentrieren, der irrt, wie der Fall des Uni-Flugblattes zeigt. Auf einer schiefen Ebene gibt es wenig Halt. Klaus Wolschner

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