Kommentar: Beihilfe zum Völkerrechtsbruch?
■ Die Bundeswehr hat im Irak nichts zu suchen
Außenminister Kinkel ist der eifrigste Verfechter eines Ständigen deutschen Sitzes im UNO-Sicherheitsrat. Zugleich liefert der Minister immer wieder Belege dafür, daß ein deutscher Sitz im besten Fall überflüssig ist, im schlimmeren Fall sogar noch zur weiteren Schwächung der UNO beiträgt.
Jüngstes Beispiel: Kinkels gestrige Äußerungen zu militärischen Maßnahmen gegen den Irak. Sein Appell zur vorherigen Ausschöpfung aller diplomatischen Möglichkeiten kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Äußerungen im Kern die völlig unkritische Übernahme der US-Haltung bedeuten. Diese Haltung ist ein Verstoß gegen die UNO-Charta und damit völkerrechtswidrig, worauf nicht zuletzt Kinkels Parteifreund Möllemann hinwies. Zudem werden die von Washington jetzt vorbereiteten Militärschläge die Probleme nicht lösen, sondern nur noch alles schlimmer machen. Die verbliebenen Massenvernichtungsmittel und Rüstungsanlagen Iraks lassen sich auch mit den von Washington seit dem letzten Golfkrieg entwickelten neuen Präzisionswaffen nicht verläßlich zerstören. Die euphemistisch so bezeichneten „Kollateralschäden“ unter der Zivilbevölkerung würden erneut erheblich sein. Saddam Hussein würde innenpolitisch sowie in Teilen der arabischen Welt weiter aufgewertet.
Letzteres würde den derzeit ohnehin völlig blockierten „Friedensprozeß von Oslo“ noch mehr erschweren, möglicherweise gar endgültig zerstören. Dies alles deutlich und öffentlich zu sagen wäre Ausdruck einer eigenständigen Politik, aus der sich dann möglicherweise auch ein überzeugender Anspruch auf einen Sitz im Sicherheitsrat ableiten ließe.
Mit seinen völlig nebulösen und ausweichenden Antworten zur Frage einer eventuellen Beteiligung der Bundeswehr an militärischen Maßnahmen gegen den Irak schürt Kinkel zumindest den Verdacht, daß die Bundesregierung eine Beteiligung auch an Maßnahmen, für die kein Mandat der UNO vorliegt, künftig nicht mehr ausschließt – sei es im Rahmen wechselnder militärischer Zweckbündnisse oder der Nato. Deren Generalsekretär Solana erweckte erst jüngst durch Äußerungen den Eindruck, daß sich die Nato auf Militäraktionen außerhalb ihres Vertragsgebietes auch ohne UNO-Mandat vorbereitet. Die Bonner Opposition sollte hier schnellstens für eine Klärung sorgen. Andreas Zumach
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