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Bonn rüstet Bremer Polizei auf

■ Bundesgrenzschutz wird in Zukunft Polizeiaufgaben wahrnehmen / GdP befürchtet mangelnde Kompetenz / Bremen nimmt am Modellprojekt „Aktion Sicherheitsnetz“teil

Die Bremer Polizei bekommt bei der Kriminalitätsbekämpfung Verstärkung durch den Bundesgrenzschutz (BGS). Bislang hatte der nur Grenzen und Bahnhöfe bewacht und bei Großveranstaltungenausgeholfen – bald könnte er auch vor dem Bahnhof und an der Sielwallkreuzung patroullieren. Rund 50 Beamte des BGS sollen in Zukunft die Polizei in Bremen unterstützen – damit greift eine Bundesorganisation in eine originäre Länderaufgabe ein.

Gestern bekam Bremen den Zuschlag für die Teilnahme an dem Modellversuch „Aktion Sicherheitsnetz“, der von Bundesinnenminister Manfred Kanther initiiert worden war. Das Bremer Innenressort hat zusammen mit der Polizei ein Konzept für die Bewerbung ausgearbeitet, das nun umgesetzt werden kann.

Danach wird eine mobile Einsatzgruppe („Task Force“) aus Polizei und BGS gebildet, die an „Kriminalitätsbrennpunkten eine mobile Reaktion“ermöglichen soll, teilte Innensenator Ralf Borttscheller (CDU) gestern nach einer Sitzung der Innenminister in Bonn mit. Außerdem ist eine polizeiliche Anlaufstelle im Stadtzentrum geplant, eine sogenannte „City-Crime-Control“. Borttscheller sagte in Bonn: „Ich bin überzeugt, daß es zu einer engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen der Bremer Polizei und den Kollegen vom Bundesgrenzschutz kommen wird.“

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Bremen fordert schon seit 1992, daß ihre Reihen um 900 Kollegen verstärkt werden sollen – aber so haben sie sich das nicht vorgestellt. „Die BGS sollte mit polizeilichem Einzeldienst nichts zu tun haben“, sagt Rainer Zottmann, stellvertretender Vorsitzender der GdP in Bremen. Eine Zusammenarbeit bei Sonderaufgaben wie Fußballspielen oder Demonstrationen kann sich die GdP zwar vorstellen. Aufgaben, die der Kriminalitätsbekämpfung dienen – z.B. Patrouillen durch die Stadt – wollen die Polizisten allerdings nicht an die Bundesbeamten abgeben. Argument: Die Ausbildung der BGSler sei darauf ausgerichtet, Grenzen zu bewachen, und nicht, bürgernahe Polizeiarbeit zu betreiben.

Auch Martin Thomas, innenpolitischer Sprecher der Bremer Grünen, glaubt, daß ein verstärkter Einsatz von BGSlern mehr schaden als nützen könnte: „Die langsame Entkrampfung in Verhältnis zwischen Polizei und Gesellschaft könnte durch BGSler wieder zunichte gemacht werden“, meint er, denn „beim BGS regiert immer noch der alte Korpsgeist“. Überhaupt, so Thomas, sei die ganze Sache nur von Parteifreunden Manfred Kanthers eingefädelt worden, weil der Bundesinnenminister beim BGS viel zu viel Personal habe. Ein weiteres Argument: Der BGS wird vom Bund bezahlt. Die Länder bekommen so umsonst Verstärkung für die Polizei.

Der Vorschlag für eine verstärkte Kooperation von Polizei und BGS war im Sommerloch 1997 von Kanther in die Runde geworfen worden. Nach New Yorker Vorbild soll in Zukunft schon der „Nährboden für Kriminalität durch konsequentes Einschreiten auch gegen Einstiegs- und Kleinkriminalität“bekämpft werden, so eine Darstellung des Projekts in der Ministeriums-Zeitschrift „Innenpolitik“. Mit einem „Sicherheitsnetz“aus Polizei, städtischen Behörden, Bürgern und privaten Sicherheitsdiensten soll jetzt mit dem Modellprojekt geprüft werden, inwieweit die Kooperation Sinn macht.

Christoph Dowe

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