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„Mit der Maske der Solidarität“

Hamburger V-Mann bespitzelte antirassistische Gruppen. Innensenator Wrocklage rechtfertigt den Einsatz, GAL kritisiert heftig  ■ Von Kai von Appen

„Das war doch kein verdeckter Ermittler, das war nur ein Beamter in Zivil.“Mit dieser lapidaren Begründung verteidigte gestern Innenbehördensprecher Wolfgang Brand den zweijährigen Einsatz eines Polizeispitzels namens „Stefan“in antirassistischen Gruppen. GALier Manfred Mahr hatte den Fall zuvor als „Skandal“angeprangert: „Hier werden Menschen, die sich ehrenamtlich um Flüchtlinge kümmern, in den Bereich der Organisierten Kriminalität gerückt.“

Eine Party wurde dem Staatsschützer vor kurzem zum Verhängnis. Denn auf dieser Fete begrüßten Aktivisten der linken Szene ihren Mitstreiter „Stefan“, der anderen Gästen aber als Polizist bekannt war. Nachdem seine „Legende“somit aufgeflogen war, tauchte der V-Mann ab. „Er machte nicht den Eindruck, daß er mit besonderem Einsatz an Informationen gelangen wollte“, so eine Mitarbeiterin der „Glasmoorgruppe“. Nach einer Veranstaltung zum Hungerstreik im Abschiebeknast hatte sich „Stefan“1995 zur Mitarbeit gemeldet und in verschiedenen Gruppen (Café Exil, Bündnis Lübecker Brandanschlag, Flora-Druckgruppe) Fuß gefaßt. Für Gisela Wiese, „Pax-Christi“-Sprecherin, ein besonders verwerflicher Fall: „Ich habe den Mann im Lübecker Prozeß gesehen, wie er mit der Maske der Solidarität agiert hat.“

Mahr rügt, daß der Einsatz des verdeckten Ermittlers ohne rechtliche Grundlage erfolgt sei, weil „V-Leute“in Hamburg nur im Bereich Organisierte Kriminalität eingesetzt werden dürften. Mahr: „Rechtsstaatliche Grenzen polizeilicher Arbeit spielen offenbar keine Rolle mehr.“Innensenator Hartmuth Wrocklage, der in einem Gespräch mit GALiern beteuert haben soll, nichts von dem V-Mann-Einsatz gewußt zu haben, will auch künftig auf verdeckte Ermittlungen nicht verzichten. Die Polizei sei „auf möglichst verläßliche Prognosen“angewiesen, da es „nach wie vor politisch motivierte Bereitschaft zur Gewalt“gebe.

Eine Rechtfertigung, die GAL-Fraktionschefin Antje Möller „nicht akzeptabel“findet. Der Fall „Stefan“sei durch eine „mehr als fragwürdige Begründung für die Rechtsgrundlage passend gemacht“worden. Auch die Hamburger Staatsanwaltschaft geht auf Distanz. Ihr Sprecher Rüdiger Bagger wehrte gestern ab: „Damit haben wir nichts zu tun.“Der Einsatz verdeckter Ermittler in der linken Szene ist nicht neu. Anfang der 90er Jahre schleuste der Staatsschutz zwei Polizistinnen ins „Flora-Plenum“ein. Beide Frauen wurden durch Rot-Floristen und die taz hamburg enttarnt und tauchten ab. Bereits Ende der achtziger Jahre war die V-Frau „Christa Mantz“aufgeflogen, die Frauengruppen ausspitzeln sollte.

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