Das Portrait: Geschminktes Scheusal
■ Alice Cooper
Vincent Furnier war ein ziemlich erfolgloser Kunststudent. Das änderte sich, als er seinen Namen in Alice Cooper umwandelte und mit ein paar Kumpels von der High School Mitte der sechziger Jahre eine Band gründete. Ihre Auftritte waren durch und durch splatterverliebt, die Musik nur ein dilettantischer Mischmasch aus Blues und Rock mit surrealen Texten, aber Frank Zappa gefiel's trotzdem.
1969 nahm er mit ihnen das Debütalbum „Pretties for you“ auf, ein Jahr später folgte „Easy Action“ und 1971 der erste Hit: „I'm Eighteen“. Die Platten fielen zwar durch, aber was zählen schon ein paar böse Worte über schlechte Songs, wenn man auf der Bühne mit kajalumränderten Augen Hühner köpft und Schlangen küßt? Eben.
Anfang der siebziger Jahre hatte Alice Cooper mit seiner Band eine Art Rock 'n' Roll-Varieté aufgebaut, das irgendwo zwischen Gruselkabinett und Ledershow herumdriftete. Cooper schrieb dazu Hymnen wie „School's Out“, die mit großem Getöse am letzten Schultag vor den Sommerferien von erleichterten Jugendlichen gesungen wurden. Die Plattenverkäufe jedenfalls stiegen und mit ihnen der Größenwahn von Alice Cooper, der auf dem Höhepunkt seiner Karriere gerne nackt mit seiner Combo und zahllosen Groupies in der Hotelhalle Fußball spielte. Statt billigem Glam nahm er nun operettenhaft angelegte Stücke wie „Billion Dollar Babies“, „Elected“ oder „I love the Dead“ auf. Gestorben wäre er denn auch beinahe – am exzessiven Alkoholkonsum während seiner Welttouren: „Ich war praktisch 24 Stunden auf Whiskey“, beichtete der Sänger im Rückblick auf die siebziger Jahre – die Paletten mit Budweiser gar nicht erst mitgerechnet.
Daß sich der Rock- Schmock Marke Cooper trotz Punk, HipHop und Heavy Metal gehalten hat, gehört zu den Mysterien amerikanischer Popkultur: Trash für die Stunden nach Mitternacht. Irgendwie wirkt der seltsame Schrat, der heute seinen 50. Geburtstag feiert, noch immer wie ein Unikum, das all die kleinen Teenager-Ängste konsequent ins Lächerliche übersteigert. Dafür wurde er in „Wayne's World“ angebetet, deshalb durfte er bei Wes Craven im vierten Teil von „Nightmare on Elm Street“ mitspielen. Wer Freddy Kruger liebt, muß Alice Cooper mögen. Harald Fricke
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