: Steuer macht Atomstrom teuer
HEW sollen Gewerbe- und Körperschaftssteuer auf ihre Ersparnisse zahlen. Wirtschaftlichkeit der AKWs wird dadurch noch geringer ■ Von Achim Fischer
In den Bilanzen der Atommeiler Brunsbüttel und Krümmel bei Geesthacht taucht ein neuer Kostenfaktor auf: Die Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW) müssen für die beiden Anlagen Steuern in mindestens zweistelliger Millionenhöhe nachzahlen. Die Abgaben werden fällig, da die Finanzämter auch auf einen bislang unbesteuerten Teil der HEW-Rücklagen Abgaben erheben. AKW-Gegner fordern seit Jahren, die milliardenschweren Rücklagen der Stromkonzerne zu besteuern. Diese Reserven wurden offiziell für den künftigen Betrieb atomarer Endlager und den Rückbau der AKWs angelegt.
Nun nehmen die Finanzämter, zur Überraschung von Finanz- und Energieexperten, die Sonderkonten der HEW ins Visier. „Unsere Rückstellungen wurden zum Teil steuerlich nicht anerkannt“, bestätigte gestern HEW-Sprecher Johannes Altmeppen. Sprich: Die Millionen- bis Milliardenbeträge werden als Gewinne betrachtet und besteuert. Die Nachzahlungen werden nach Angaben Altmeppens für die Jahre 1993 bis 1996 fällig. „Wir werden einen Betrag in zweistelliger Millionen-Höhe an die Gemeinden Brunsbüttel und Geesthacht an Gewerbesteuern nachzahlen.“
Genauere Zahlen wollen, wegen des Steuergeheimnisses, weder die HEW noch die Gemeinde- und Finanzverwaltungen in Hamburg oder Schleswig-Holstein nennen. Der Brunsbütteler CDU-Fraktionsvorsitzende Peter Hollmann rechnet mit „Mehreinnahmen bei der Gewerbesteuer“von rund 20 Millionen Mark für die Gemeinde von den HEW und weiteren Betrieben.
Mit der Gewerbesteuer wird in vergleichbarer Höhe auch Körperschaftssteuer fällig. Alleine für Brunsbüttel könnte für die HEW damit eine Nachzahlung von 40 Millionen Mark fällig werden – zehn Millionen für jedes Jahr von 1993 bis 1996. Zum Vergleich: Der Konzern fordert derzeit für vier Stillstandstage in Brunsbüttel 1,5 Millionen Mark Schadensersatz. Um zehn Millionen Mark zusätzliche Steuerschuld herauszuholen, muß der Meiler also knapp einen Monat laufen. Bei zehn bis elf Monaten Laufzeit pro Jahr verschlechtert sich die Atomstrom-Bilanz, die in einem Wirtschaftlichkeitsgutachten des Hamburger Senats überprüft werden soll, um etwa ein Zehntel.
„Wir werden keinen Widerspruch gegen den Steuerbescheid einlegen“, kündigte Altmeppen gestern an. Und nährt damit Spekulationen, daß es nicht um die Entsorgungs-Rücklagen selbst geht. Denn: Die deutschen Stromkonzerne haben bereits erklärt, gegen eine Besteuerung dieser Töpfe zu klagen. Einige Konzerne sollen aber schon Rücklagen für etwaige Steuernachzahlungen gebildet haben. Die HEW müßten damit Steuern auf Ersparnisse bezahlen, mit denen sie die Steuern für weit größere Rücklagen bezahlen wollten ...
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen