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Landesbank leert Staatskasse

Bei der WestLB deckten Staatsanwälte 20.000 Fälle von Steuerhinterziehung auf. Gegen 42 Banker wird ermittelt, 6,5 Milliarden Mark gingen allein NRW verloren  ■ Von Werner Rügemer

Hunderttausende Belege über Buchungen der WestLB hat die Staatsanwaltschaft schon ausgewertet. Bisher steht fest: Für 20.000 Kunden – 18.000 davon aus den Sparkassen – hat die WestLB über ihre Korrespondenzkonten verschlüsselte Geldanlagen insbesondere nach Luxemburg und in die Schweiz, aber auch zum Beispiel nach Österreich und Liechtenstein geleitet. Das ist ganz schlicht Beihilfe zur Steuerhinterziehung der Bankkunden.

Der Schlag der Ermittler gegen die WestLB begann am 3. September 1996 mit der größten Bankendurchsuchung der deutschen Geschichte: 598 Steuerfahnder, Kriminalbeamte und Staatsanwälte durchkämmten die Zentrale der Westdeutschen Landesbank in Düsseldorf und 13 Filialen im Bundesgebiet. Nach der Durchsuchung gaben die Staatsanwälte bekannt: „kriminelle Energie bis hinauf in den Vorstand.“ Und ließen bis vergangenen Dezember gleich noch Dutzende von Sparkassen durchsuchen.

Durch Codenamen und Zahlenfolgen wurden die Einzahler anonymisiert. Inzwischen haben die Finanzbeamten 8.000 Kunden enttarnt, das heißt die anonymen Überweisungen konnten Steuerpflichtigen mit Namen und Adresse zugeordnet werden. Einige hundert Kunden haben Selbstanzeige erstattet.

Wenn ein Bankkunde 500.000 Mark unter „Schneewittchen“ oder unter Nummer 876 54 32 nach Luxemburg überweist, gibt es dafür keinen banktechnischen Grund. Aber einen anderen: Steuerhinterziehung. Nummernkonten und Konten unter Phantasienamen sind in Deutschland verboten. Aber WestLB und Sparkassen haben wie andere Banken solche Techniken bereitgestellt. 1993 wurde die Zinsabschlagsteuer eingeführt – 1994 und 1996 machte übrigens die Bilanzsumme der WestLB-Tochter Luxemburg die größten Sprünge nach oben.

Von 1993 bis 1996 hätten nach der bekannten angelegten Geldmenge etwa 125 Milliarden Mark Zinsabschlagsteuer in die Staatskasse kommen müssen, es waren nur 50 Milliarden. Wie die CDU- Landtagsfraktion in einem Antrag vom November 1997 ausgerechnet hat, entfallen davon auf den Haushalt von Nordrhein-Westfalen 6,5 Milliarden Mark Steuerausfälle.

Die WestLB gehört der öffentlichen Hand, mehrheitlich dem Land Nordrhein-Westfalen. WestLB und Sparkassen unterliegen als öffentlich-rechtliche Geldinstitute laut Sparkassengesetz der staatlichen Aufsicht. Doch die funktionierte nicht. Ausgeübt werden müßte sie von Wirtschaftsminister Clement und Finanzminister Schleußer. Sie sitzen aber zugleich im Verwaltungsrat. Und wenn Clement es eilig hat, vom Morgentermin beim Daimler-Vorstand in Stuttgart zur Kabinettssitzung nach Düsseldorf zu kommen, macht die WestLB schon mal einen ihrer Firmenjets startklar.

Die staatlichen Aufseher hätten bei der WestLB so manches zu überprüfen. Die WestLB Schweiz in Zürich zum Beispiel bietet „Lichtenstein-Stiftungen“ an, die WestLB Luxemburg wirbt öffentlich für die Einrichtung von Nummernkonten (Gebühr: 600 Mark pro Jahr). Das ist nach jeweiligen Landesgesetzen „legal“, ermöglicht aber die Steuerhinterziehung. Regierungsdirektor Hans-Joachim Hesse von der Oberfinanzdirektion Düsseldorf: „Warum Luxemburg? Luxemburg hat ein sehr starkes Bankgeheimnis. Es gibt keine Amts- und Rechtshilfe in Bankangelegenheiten.“

Davor verschließt Staatssekretär Ernst Gerlach vom Finanzministerium, zugleich Mitglied des WestLB-Verwaltungsrats, kräftig die Augen: „Die Geschäftsführung hat uns dargelegt, daß es nur legale Steuergestaltungen gegeben hat, die die Bank im internationalen Wettbewerb mit anderen Geschäftsbanken natürlich auch zur Verfügung stellt.“ Gegen 42 Bankmitarbeiter wird wegen des Verdachts auf Beihilfe zur Steuerhinterziehung ermittelt. Hier sind die Ermittlungen besonders schwierig, weil die Steuerfahnder bei ihren Durchsuchungen der WestLB eine „klinisch gereinigte Bank vorgefunden“ haben, so ein Ermittler. Die WestLB hatte zwei Jahre Zeit, sich auf die Durchsuchung vorzubereiten. Und Aufseher Schleußer ist zugleich Vorgesetzter der Steuerfahnder.

Die WestLB ist übrigens nicht nur im Lande Nordrhein-Westfalen tätig, sondern auch in Baden- Württemberg, Brandenburg, Schleswig-Holstein, Hamburg und Sachsen. Überall dort nimmt die staatliche Aufsicht ebenfalls hin, daß die NRW-Staatsbank an der Leerung staatlicher Haushalte beteiligt ist. Es deutet einiges darauf hin, daß es sich für die Politik in NRW lohnen würde, den ausgelaugten Garzweiler-Konflikt ruhen zu lassen und sich einmal gründlich mit der WestLB zu befassen.

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