piwik no script img

Lebende Wandfarbe frißt blauen Dunst

■ Bakterien wandeln Kohlenmonoxid im Zigarettenqualm zu Kohlendioxid um

Bayreuth (dpa/taz) – Der dicken Luft in verrauchten Kneipen oder Wohnzimmern wollen demnächst Mikrobiologen der Universität Bayreuth mit einer neuen Erfindung zu Leibe rücken. Sie haben einen Schadstoff-fressenden Wandanstrich entwickelt. „Das Bakterium oligotropha carboxidovorans ernährt sich von Gift“, erklärt der Bayreuther Mikrobiologe Ortwin Meyer. Es verwandle giftiges Kohlenmonoxid in ungiftiges Kohlendioxid.

„Das System regeneriert sich selbst und verbraucht keine Energie.“ Es warne sogar selbst vor Überlastung. Bei der Umwandlung würden Elektronen frei, die bestimmte Farbpigmente verändern. Die Wand würde sich bei zu hoher Rauchkonzentration verfärben und damit signalisieren: „Bitte lüften!“

In zwei bis drei Jahren könnte die neue Wandfarbe in Wohnungen zum Einsatz kommen, um Zigarettenrauch zu absorbieren, berichtet die Bayreuther Uni. In Autobahntunnels seien solche Biofilter bereits erfolgreich getestet worden. Jetzt suchen die Wissenschaftler Wege, die giftfressenden Bakterien in größeren Mengen herzustellen. „Bisher enthält nur ein Prozent der Bakterienmasse den gesuchten Biofilter. Unser Ziel ist, den Anteil auf 20 Prozent zu steigern“, sagt Meyer. Der Schlüssel dazu liegt nach Ansicht der Forscher in der Gentechnik. Die Bakteriumproduktion soll damit auch sauberer werden. Zur Zeit wird nämlich bei der „Zucht“ der Kohlenmonoxid-fressenden Bakterien eben dieser Giftstoff freigesetzt.

Für das Forschungsvorhaben hat Bayern als Anschubfinanzierung rund eine halbe Million Mark aus dem Förderprogramm „Gentechnik und Umweltschutz“ zugesagt. Mit diesem Programm, das im Oktober 1997 aufgelegt wurde, fördert die bayerische Staatsregierung die Entwicklung genetisch veränderter Mikroben, die Schadstoffe abbauen.

Kritiker weisen jedoch darauf hin, daß die Freisetzung solcher transgener Bakterien mit erheblichen Risiken verbunden ist. Auch würden diese häufig im Labor, nicht aber in der Natur funktionieren.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen