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Lebendes Gesamtkunstwerk

■ Ein Konzept für 50 Jahre: Wallanlagen sollen tourismusfördernd aufpoliert werden

Fast 200 Jahre ist es her, daß Bremen in der Landschaftsplanung Geschichte geschrieben hat. Als erstes deutsches Bürgerparlament zog die Stadt nämlich einen Gärtner als Sachverständigen für die Gestaltung ihrer Wallanlagen hinzu: Isaak Hermann Albert Altmann. Der Bremer verdingte sich für ein jährliches Salär von 2.000 Reichstalern. Er machte aus den bastionären Befestigungsanlagen, die Bremen einst vor Feinden hatte schützen sollen, die erste öffentliche Grünanlage der Hansestadt.

Wenn heute Landschaftsarchitekten über den grünen Ring sprechen, der noch vor 150 Jahren das gesamte bremische Stadtgebiet umschloß, dann geraten sie immer noch ins Schwärmen: „Die Wallanlagen sind ein Gesamtkunstwerk aus lebenden Bausteinen“, findet Uta Müller-Glaßl. Zusammen mit Stadtgrün Bremen hat sie ein Konzept für die Umgestaltung der Grünflächen entwickelt. Hintergrund: 2002 jährt sich der historische Ratsbeschluß zur „Entfestigung Bremens“zum zweihundertsten Mal – Grund genug, um über die künftige Gestaltung der Wallanlagen nachzudenken.

„Es wird sich viel verändern“, schätzt Umweltsenatorin Christine Wischer (SPD) die Lage ein. Gerade hat die Stadt 1,9 Millionen Mark bewilligt, um die ersten Arbeitsschritte hinter der Kunsthalle einzuleiten: „Konzept Ostertor“nennt sich das Projekt. Entlang des Ostertorsteinwegs sollen bis zum Theater am Goetheplatz Baumreihen gepflanzt werden, um der Promenade einen Alleecharakter zu verleihen. Ferner soll der Radweg auf die Straße verlagert werden. Hinter dem Gerhard Marcks-Haus ist überdies ein neuer Zugang zum Wall geplant, dessen Wegführung am Wasser entlanglaufen soll.

Indem sie die Grünanlagen mit den anliegenden Gebäuden der „Kulturmeile“– Kunsthalle, Gerhard Marcks- und Wagenfeld-Haus – zu einem „Gesamtkunstwerk“verbinden, knüpfen die PlanerInnen an das Kunstverständnis des 19. Jahrhunderts an.

Die Konzeption von Stadtgrün und dem Bremer Büro Müller-Glaßl hat noch weitere Dinge im Auge. Neben den typischen gärtnerischen Aufgaben wie dem Auslichten und Ergänzen von seltenen Bäumen und Sträuchern sollen Wege angelegt und die Uferbeete des Wallgrabens vom Schlamm befreit werden. Das langfristige Ziel: Innerhalb der nächsten 50 Jahre, wenn die neuen Bäume gewachsen sind, sollen die Wallanlagen wieder so aussehen, wie sie ihr Schöpfer Altmann geplant hat.

Senatorin Wischer hat mit der Umgestaltung der Anlagen hauptsächlich den Fremdenverkehr im Auge. Inzwischen haben sich, so glauben die PlanerInnen, die Interessen der Touristen gewandelt. Suchte man in der Anfangszeit der Wallanlagen noch nach Erholungsgebieten außerhalb der Hansestadt, so seien die Wallanlagen inzwischen ein „unverzichtbarer Baustein, um die historische Innenstadt als attraktives Ziel für den Städtetourismus zu präsentieren“, sagte Müller-Glaßl.

„Wir wollen nicht im Hauruck-Verfahren alles fertigstellen“, meint Dr. Klaus Rautmann, Leiter von Stadtgrün. Strittige Maßnahmen wie die Neugestaltung des Spielplatzes „Robinsöhnchen“an der Ostertorwache – ElternvertreterInnen hatten unlängst auf einer Sitzung des Beirats Mitte ihre Kritik angemeldet – bedürften deshalb einer systematischen Einbeziehung von Politik und Öffentlichkeit.

Stephan Hespos

Informationen zum Thema liefert das neue Buch „Wallanlagen Bremen“(zu beziehen für 20 Mark bei Stadtgrün). Zudem will sich ein „Förderkreis der Wallanlagen“konstituieren. Auskunft bei Dr. Rautmann von Stadtgrün, Tel.: 361-6238.

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