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Wenig Bauern und Früchte

■ Laut Agrarbericht verdienen die Bauern mehr – allerdings verteilt auf weniger Bauern

Berlin (taz) – Auf dem Papier sieht es gar nicht so schlecht aus für die deutschen Bauern. Ihr Einkommen stieg im wirtschaftsjahr 1996/97 um 3,4 Prozent, meldete gestern Bundeslandwirtschaftsminister Jochen Borchert (CDU) in seinem alljährlichen Agrarbericht. Damit liegt der Gewinn pro Betrieb bei 55.815 Mark, je Vollarbeitskraft bleiben laut der Statistik 38.200 Mark Jahresverdienst.

Diese generelle Zahl sagt allerdings wenig. Immerhin sind in ihr die teilweise hochprofitablen Agrarfabriken Nord- und Ostdeutschlands mit ihren Hunderten und Tausenden von Hektar Fläche genauso erfaßt wie die kleinen Zehn-Hektar-Krauter auf der Schwäbischen Alb.

Profitiert haben vor allem die Schweinehalter, und zwar von der Schweinepest in den Niederlanden. Durch die Fleischverknappung stiegen die Schlachtpreise für das Borstenvieh und die Profite der Mäster um 36 Prozent. Zum Jahresende 1997 sind die Preise allerdings schon wieder gefallen. Gut verdienten auch die Ackerbauern, vor allem mit Getreide und Zuckerrüben. Mit Rindfleisch und Milch hingegen ging es weiter bergab.

Überhaupt wurde das Einkommen nur unter weniger Bauern verteilt: Die Zahl der Betriebe in Deutschland ist wie jedes Jahr gesunken, diesmal um fast 15.000 auf 525.000. Nur im Ostdeutschand stieg die Zahl der Höfe um 1,3 Prozent, weil dort nach allerlei rechtlichem Gerangel weiterhin sogenannte Wiedereinrichter ihr zu DDR-Zeiten enteignetes Land übernehmen.

Über das Leben auf den Höfen erfährt man im offiziellen Bericht des Landwirtschaftsministeriums nur wenig. Hierzu empfiehlt es sich, den alternativen Agrarbericht der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) zu lesen. Dort beschreiben Bauern beispielsweise die Folgen der zunehmend größeren Maschinen. Während früher verschiedenste Pflanzensorten ausgewählt wurden – schon allein, um durch ihre unterschiedlichen Reifezeiten die Arbeitsbelastung übers Jahr zu strecken –, ziehen nun große Maschinen über die Felder und hobeln einige wenige Sorten weg. Weizen, Silomais oder Raps können mit Dünger und Pestiziden zu hohen Erträgen gepuscht werden.

Je größer die Maschine, desto höher der Energieaufwand und desto weniger Menschen werden beschäftigt. Nun werden sich nicht alle Arbeitslosen nach der harten Landarbeit sehnen. Doch jeder aufgegebene Bauernhof bedeutet auch im Schnitt zwei Arbeitslose, die auf den städtischen Arbeitsmarkt drängen: 1996/97 sank die Zahl der Beschäftigten um drei Prozent auf 1,33 Millionen Menschen. Reiner Metzger

Der kritische Agrarbericht ist zu beziehen im Buchhandel (ISBN 3-930413-12-4) und kostet 38 Mark.

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