Schluß mit der Konsensfindung!

■ Die Theaterwerkstatt Lichthof hat in back pages – sieben Frauen und ein Fenster Charaktersplitter zu einer interessanten Collage aus Biographie und Fiktion verarbeitet

Eine Frau hat mit fünfzig etwas vorzuzeigen. Dias stapeln sich in den Schränken. Es wächst der Berg der Dinge, an die sie sich nie gewöhnen wird. Handgriffe, abertausendmal geübt, gelingen im Schlaf, dem manchmal künstlich nachgeholfen werden muß.

Das Erwachsensein hat traurige und groteske Seiten, aber es bietet keinen Grund zur weinerlichen Nabelschau. Das sagt jedenfalls die Theaterwerkstatt Lichthof und stellt mit back pages – sieben Frauen und ein Fenster ein Stück vor, das eine erwachsene Frau ins richtige Licht rückt: Nicht mehr jung, aber noch nicht alt, wird sie in einem Ding namens Mitte situiert. Dann ist auch schon Schluß mit der Konsensfindung. Es lebe der große Unterschied.

Sieben Teile einer Person sind zu sehen, dargestellt von sieben Frauen und einem Fenster. Außerdem spielen sechs Stühle und ein Hocker mit, für die, die immer zu spät kommt. back pages ist eine lebendige Collage aus Texten, Choreographien und Musik, Biographie und Fiktion. Die zutage geförderten Charaktersplitter fügen sich zu einem Bild zusammen und lösen sich wieder auf. Das Fenster bleibt als Fluchtweg frei.

Back pages ist nicht als frauenspezifisches Stück geplant worden, sagt Regisseurin Maryn Stucken, sondern das Ergebnis einer Gruppe, die eben aus Frauen besteht. Alle sind berufstätig und spielen zum Teil schon zehn Jahre zusammen. Seit 1994 proben sie mit anderen Amateurgruppen in der von Stucken gegründeten Theaterwerkstatt Lichthof e.V. Es sind gerade die Themen von außen, die für Maryn Stucken die Arbeit mit Amateuren interessant machen. Die Gruppe verwendet deshalb eine Mischung aus eigenen und fremden Texten. Erinnerungen an mütterliche Ratschläge und an die Zeit der Küchenpolitik werden wachgerufen: „Ich mußte immer die Reden der großen Führer abtippen.“Und abwaschen, natürlich. Um die gehörige Distanz zu wahren, kommen Franz Kafka und Hans Arp, Heiner Müller und Kurt Schwitters zu Wort: „Wir leben 25 Minuten zu spät, und zwar von rechts gesehen.“

Betrachtet man dieses Leben aber von den übrigen Seiten, scheint es noch einiges zu bieten.

Barbora Paluskova

Fr., 13. und Sa, 14. Februar, 20 Uhr (nur noch Restkarten), 3./4. April, Theaterwerkstatt Lichthof, Alte Dosenfabrik, Stresemannstr. 374,