: Bezirkspoker am Wochenende
Koalitionsausschuß zur Bezirksreform voraussichtlich am Sonntag. Kompromißlinie zwischen CDU und SPD: Keine Verschiebung, statt dessen mehr als zwölf Bezirke ■ Von Barbara Junge
In dem zur Existenzfrage der Großen Koalition stilisierten Streit um Reduzierung und Zusammenlegung der 23 Berliner Bezirke bahnt sich ein Kompromiß an. Voraussichtlich am Sonntag treffen sich die Führungsspitzen von SPD und CDU im Koalitionsausschuß, um eine Lösung der festgefahrene Diskussion zu finden. Bewegungsspielraum sehen sowohl CDU als auch SPD in der Anzahl der zu bildenden Bezirke.
Noch vor zwei Wochen hielt CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky eine Verschiebung der Reform auf das Jahr 2004 für „charmant“. Diesen Ausweg will die CDU nun offensichtlich nicht wählen. Dem Widerstand der CDU- Basis gegen die Reduzierung auf 12 Bezirke im Jahr 1999 – wie es der entsprechende Senatsbeschluß vorsieht – will die Parteiführung auf der Ebene der Bezirkszuschnitte nachgeben. „Am Zeithorizont wollen wir nicht rütteln“, heißt es aus der CDU.
Auch bei der SPD stehen die Signale auf 1999, dafür ist sie ebenfalls bereit, über die Anzahl zu verhandeln. Zwar sagte gestern SPD- Fraktionschef Klaus Böger der taz: „Wir haben kein Bedürfnis, neu zu verhandeln.“ Aber er gibt zu bedenken: „Die CDU hat Interesse an Verhandlungen, und wir sind leider nicht soweit, daß die SPD eine absolute Mehrheit stellt.“ „Ich muß zur Kenntnis nehmen, daß der Regierende Bürgermeister sagt, es gibt einen Beschluß des Senats, der in der CDU nicht durchsetzbar ist. Darüber müssen wir dann reden“, begründet Böger die Verhandlungsbereitschaft. Aus seiner Partei klingt das noch deutlicher: „Die Bezirksgebietsreform muß 1999 gelten, bei der Anzahl der Bezirke müssen wir eventuell einen Kompromiß eingehen.“ Als härteste Brocken gelten die beiden Bezirke Wedding und Kreuzberg. Während im Wedding die SPD strikt Front gegen eine Zusammenlegung mit Prenzlauer Berg macht, ist in Kreuzberg die CDU der härteste Verweigerer; die SPD stellt sich dort bis auf einen Abgeordneten nicht mehr gegen die Reform. Neue Modelle auf Basis von mehr als zwölf Bezirken sollen diese Widersacher ruhigstellen. Die CDU hatte auf ihrem letzten Parteitag ohnehin eine Reduzierung von nur „mindestens einem Drittel“ beschlossen, eine weitergehende Lösung war dort nicht durchsetzbar.
Noch ist der Termin für den Koalitionsausschuß nicht offiziell. Ein Kompromiß zur Bezirksreform ist unter anderem abhängig vom Stand der Verwaltungsreform und des Allgemeinen Zuständigkeitsgesetzes, mit dem Aufgaben aus der Hauptverwaltung in die Bezirke verlagert werden sollen. Ein Zwischenbericht des zuständigen Ausschusses ist noch für diese Woche angekündigt.
Auf der Tagesordnung für den CDU-Parteitag in zehn Tagen steht die Bezirksgebietsreform auch, bislang jedoch nur als Bericht zum Stand der Verhandlungen. „Ein Beschluß ist jedoch nicht ausgeschlossen, sollte es konkrete Verhandlungsergebnisse beim Koalitionsausschuß geben“, heißt es in der CDU. Darüber hinaus haben SPD und CDU für März Sonderparteitage zum Thema ins Auge gefaßt. Am 26. März soll die Bezirksgebietsreform im Abgeordnetenhaus beschlossen werden. Andernfalls, so inzwischen unisono der Tenor, habe die Große Koalition Sinn und Berechtigung verfehlt.
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