Auf die letzte Minute: Endlich erstklassige KandidatInnen für die SFB-Intendanz

Noch kurz vor Ablauf der Bewerbungsfrist für den neuen Intendanten meldeten gestern aus aller Welt Berühmtheiten ihre Kandidatur beim SFB-Rundfunkrat an. Galten nach der Absage von Günter Struve alle bisherigen Kandidaten als nur zweit- oder drittklassig, kann die Hauptstadt jetzt aufatmen: Wenn am Montag die Entscheidung über die Zukunft des Senders fällt, können die Rundfunkräte diese beruhigt in kompetente Hände legen:

„Dann mache ich es eben selbst“, ist die zentrale Aussage im Schreiben von Klaus Landowsky. Er gebe dem Drängen aus Rundfunkrat und Redaktion des SFB nach und stelle sich zur Verfügung, erklärte der CDU-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus. Mit seinen Aufgaben als SFB-Rundfunkrat, Vorstandsmitglied der Karl-Hofer-Gesellschaft, als Aufsichtsrat der ABB und bei ADtranz, der Berliner Revisions-AG und der Deutschen Bau- und Bodenbank und seiner Mitgliedschaft im Stiftungsrat der Klassenlotterie sei er ohnehin nicht wirklich ausgelastet. Als Bewerber mit dem besten Gefühl für die Bedürfnisse des Publikums gilt wieder einmal Harald Juhnke. Der Urberliner Entertainer mit der Urberliner Schnauze bringt die ureigenen Bedingungen für die SFB-Intendanz mit: kein Lampenfieber vor großen Auftritten, eine Nase für den Publikumsgeschmack, unbegrenzter Glaubwürdigkeitskredit in der Öffentlichkeit und hochprozentige Standhaftigkeit. Als ebenso qualifiziert gilt die Fernsehmoderatorin Verona Feldbusch: Sie verfügt über Verbindungen zum Kulturbetrieb und tiefe Einblicke in die Psyche der Menschen. Verwundert wurde allerdings registriert, daß Feldbusch in ihrer Bewerbung unter P.S. fragte, wie genau die Arbeit „In den Tanten“ denn aussehe. Solche Fragen stellt der Hackl-Schorsch, unser Goldjunge aus Nagano, nicht. In seiner Bewerbung betont Hackl seinen „populären Zugang zu Radio und Fernsehen“, in dem er seinem Landsmann und Vorgänger Günther von Lojewski ähnele. Auch mit eisigem Klima habe er gute Erfahrungen, ebenso mit stromlinienförmigem Verhalten und dem Gerade-noch-so-Durchrutschen. Doppelt quotiert als Frau aus dem Osten Berlins präsentiert sich dagegen Margot Honecker. In ihrem Eilfax aus Chile verweist sie auf ihre Erfahrungen mit staatssozialistischen Strukturen und dem Beharrungsvermögen der politisch Verantwortlichen, einen einmal als richtig erkannten Kurs durchzuhalten. Ihre Qualitäten als Erziehungsministerin will sie besonders in das Bildungsprogramm einbringen. Alle KandidatInnen erklärten im übrigen ihre Bereitschaft, beim Scheitern ihrer Bewerbung als Direktkandidaten für die PDS in Mitte/Prenzlauer Berg anzutreten. Nur Landowsky möchte diesen Schritt vorher noch mit seiner Partei abstimmen. bpo