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Frank, 31, Architekt

Vornübergebeugt sitzt er an dem riesigen Schreibtisch und bastelt. Für 20 Mark die Stunde baut er Modelle für die städtebauliche Erweiterung von Gaddafis Geburtsstadt. „Den Job hier habe ich zum Beispiel gekriegt, weil ich die beiden Räume nebenan renoviert habe, für 17 Mark die Stunde...“ Beim Abschleifen der Böden hatte ihn der überlastete Architekt gefragt, ob er Modelle bauen könne. Auf Honorarbasis. Sofort nach seinem Abschluß beantragte Frank die Aufnahme in den Clan der Freiberufler, die einzige Alternative für einen Architekten, der mit dem Selbstbild eines arbeitslos Gemeldeten nicht klarkommt. Irgend etwas habe sich ihm immer geboten, versichert Frank, und er beschränkt sich dabei nicht nur auf sein Metier: Wer sich der Führung eines Architekten durch die Großbaustelle am Potsdamer Platz anvertrauen will, trifft ihn samstags um 15 Uhr an der Infobox. Abends beleuchtet er die Bühne des Garn- Theaters in Kreuzberg, für das er auch die Musik komponiert. Das Berufsbild eines sogeannnten Freien ist eben diffus.

Frank rechnet nach: Bei 450 Mark Krankenkasse, 270 Mark Miete, unentgeltlicher Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel und der Unterstützung seiner Mutter kommt er nur einigermaßen über die Runden. Wenn sich also die Gelegenheit einer Festanstellung böte: Er würde zugreifen. Doch einstweilen fliegt der Architekt ohne ihn in die Wüste. Sobald Frank das letzte Modellhaus in die libyschen Straßen geklebt hat, gilt wieder einmal der bittere Spruch: „Eben noch Mitarbeiter, jetzt wieder frei!“ Andreas Leipelt

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