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Rechts um! NPD will in die Bundeswehr

■ Rechtsradikale wollen sich in die Bundeswehr einklagen, weil sich dort junge Männer gut agitieren lassen. NPD beruft sich auf Gleichbehandlungsgebot für alle Parteien. Bundeswehr will sich nicht unterwandern lassen

Berlin (taz/dpa) – Die rechtsradikale NPD ruft zu den Fahnen. Weil mehrere ihrer Mitglieder von der Bundeswehr zurückgestellt worden sind, will sie sich bei der Truppe einklagen. Die rechtsradikale Partei ruft seit jeher ihre Mitglieder zum Dienst an der Waffe auf. Im Parteiprogramm vom Dezember 1996 bekennt sie: „Wehrdienst ist Ehrendienst am deutschen Volk.“

Derzeit bereiten acht Mitglieder der Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten (JN) ihre Klagen vor. Einer von ihnen, der stellvertretende JN-Landesvorsitzende in Baden-Würtemberg, Lars Käppler, erklärte der taz, die Bundeswehr habe seinen Einberufungsbescheid im Dezember zurückgestellt. Als Angehöriger der NPD gebe er nicht die Gewähr, jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einzustehen. Gegen diese Entscheidung hat Käppler beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage eingereicht. Mit ähnlicher Begründung wurden vier weitere NPD-Anhänger in den vergangenen Wochen abgelehnt. Drei bereits eingezogene NPD-Anhänger wurden wegen ihrer Parteizugehörigkeit entlassen.

In der Klage und den Widersprüchen berufen sich die NPD-Mitglieder auf Artikel 21 des Grundgesetzes, nach dem alle Parteien gleichbehandelt werden müssen. Ob dies auch für die Einberufung zur Bundeswehr gilt, soll mit den Verfahren geprüft werden. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte gestern: „Wir begrüßen es ausdrücklich, daß diese Diskussion öffentlich geführt wird, da dabei deutlich wird, wie klar und entschlossen die Bundeswehr gegen mögliche Versuche rechtsradikaler Unterwanderung vorgeht.“ Man werde mit allen rechtsstaatlichen Mitteln gegen eine Unterwanderung durch Rechtsradikale vorgehen. Die grüne Bundestagsabgeordnete Angelika Beer warf dagegen in der taz Verteidigungsminister Rühe vor, solange er an der These von rechtsextremen Einzeltätern festhalte, sei dies „geradezu eine Einladung an Rechtsextreme, den Marsch durch die Institution Bundeswehr zu gehen“.

Die vor wenigen Jahren noch finanziell und personell ausgelaugte NPD gewinnt zunehmend an Boden. Sie versteht sich als Sammelbecken für Rechtsextremisten. Die Landesämter für Verfassungsschutz registrieren zudem ein reges Interesse von Jugendlichen unter 25 Jahren an der Partei. Bundesweit sollen ihr 1.000 Jugendliche angehören, die Mitgliederzahl insgesamt liege bei deutlich über 4.000.

Der Aufruf, in die Bundeswehr zu gehen, sei Teil des Konzepts der „National befreiten Zonen“, erklärte JN-Aktivist Käppler. Ziel sei es nicht, sich militärisch an den Waffen ausbilden zu lassen, um einen braunen Terrorzirkel zu gründen. Vielmehr böten die Streitkräfte eine gute Basis, um junge Männer für sozialpolitische Themen zu agitieren.

Zwei inzwischen pensionierte Generäle betätigen sich regelmäßig in rechtsextremen Kreisen, berichtete am Wochenende der Sprecher des Verfassungsschutzes von Baden-Württemberg. Es handelt sich um den Generalleutnant Franz Uhle-Wettler und den Generalmajor Gerd Schultze- Rhonhof. Uhle-Wettler tritt seit über 15 Jahren in rechtsextremistischen Zirkeln als Referent auf, wie etwa bei der Berliner Kulturgemeinschaft Preußen, die seinerzeit von NPDlern gegründet wurde. In der rechten Postille Junge Freiheit ließ er sich über die „Demontage der Bundeswehr“ aus. Beim Neujahrsempfang des Wehrbereichs II in Hannover machte Schultze- Rhonhof 1996 auf sich aufmerksam, als er das Bundesverfassungsgericht mit den NS- Volksgerichtshof verglich. Eine Stellungnahme zu den rechtsumtriebigen Generälen lehnte das Verteidigungsministerium gestern mit dem Hinweis ab, sie unterlägen nicht mehr der Disziplinargewalt des Ministers. Annette Rogalla

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