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Auftakt für die Gelöbniskultur

■ In Grasberg bei Worpswede findet morgen das erste öffentliche Gelöbnis in Bremens Nachbarschaft statt / 400 Rekruten werden auf dem Fußballplatz vereidigt / Proteste angekündigt

Am Mittwoch wird Chormitglied Jens-Peter Müller zu einer für ihn eher ungewöhnlichen Zeit in die evangelische Kirche in Grasberg gehen. Nicht, wie normalerweise, um zu singen, sondern um Flugblätter an die Kirchgänger zu verteilen. Zumindest an die in Uniform. Denn die Andacht wird das Vorspiel für das erste öffentliche Gelöbnis sein, das morgen in der Gemeinde Grasberg stattfindet. 400 junge Rekruten sollen auf dem Fußballplatz ihren Eid leisten. Mehr als 1.000 Gäste werden erwartet.

Rund 60 öffentliche Gelöbnisse sollen nach Informationen der Grünen in den nächsten Monaten stattfinden. In Grasberg werden Rekruten aus den Kasernen Neuenkirchen, Altenwalde, Fischbeck und Schwanenwede vereidigt. Sie alle gehören zur Panzergrenadierbrigade 7 aus Hamburg-Fischbeck. Heinrich Blanke, seit 1966 CDU-Bürgermeister in dem 7.000-Seelen-Dorf nahe Worpswede, hat die Sache zusammen mit der Patenkaserne der Gemeinde in Schwanenwede eingefädelt. Im Sommer dieses Jahres jährt sich die Geburtsstunde der Patenschaft zum 25. Mal – Grund genug, den Soldaten das Fußballfeld anzubieten. „Wir sehen die öffentliche Vereidigung hier im ländlichen Bereich sehr positiv“, sagt er. Von Widerstand gegen das Gelöbnis sei ihm nichts bekannt.

Auch Andreas Koppen, Kontaktperson der Gemeinde für die Bundeswehr, findet es „schön, wenn die Bundeswehr in die Öffentlichkeit geht“, denn: „Wir stehen zur Bundeswehr“. Die Idee sei Anfang des Jahres bei Gesprächen mit Vertretern der Patenkaserne entstanden, weil „der Trend zu öffentlichen Gelöbnissen geht“. In Grasberg könne so etwas nicht zuletzt auch deshalb durchgeführt werden, weil „wir hier noch nicht den städtischen Einfluß von den Verrückten haben, die gegen so was protestieren.“Die größere Sorge ist, ob genug Parkplätze zur Verfügung stehen werden.

Oberleutnant und stellvertretender Presseoffizier David Uthoff aus Schwanenwede beteuert, daß die Feier „mit der aktuellen Debatte um öffentliche Gelöbnisse nichts zu tun“habe. Gemeinde und Bundeswehr hätten das öffentliche Gelöbnis gewollt, das Ganze sei auf „patenschaftlicher Ebene gewachsen.“Warum ein öffentliches Gelöbnis? „Wie soll ich sagen? Nach unserem Verständnis gehört das dazu“, meint Uthoff.

Der Protest gegen das Spektakel auf dem Fußballplatz formierte sich erst spät – wohl nicht zuletzt deshalb, weil kaum jemand von der Veranstaltung wußte. Seit letztem Freitag organisiert die Anti-Atomkraft-Gruppe „Sonnenschein“aus Grasberg den Widerstand. Einen „heißen Tanz“wolle man der Bundeswehr bescheren, heißt es – ohne Gewalt. Ab 12 Uhr wollen sich die Protestler an der Grundschule treffen. Und auch einige Kirchenmitglieder wie Chorsänger Müller wollen es nicht kommentarlos hinnehmen, daß die Rekruten einen Militärgottesdienst in ihrer Kirche feiern. Selbst Pfarrer Bernd Neukirch, der für die Veranstaltung seinen Platz am Altar in der Speckmannstraße zugunsten eines Militärseelsorgers räumen muß, äußert vorsichtig Kritik: Er persönlich findet „es schwierig, wenn die Bundeswehr in der Situation, in der sie gerade ist, mit einem Gelöbnis an die Öffentlichkeit geht.“Doch als Pfarrer wolle er keinen Menschen aus seiner Kirche ausschließen. Chormitglied Müller wird deutlicher: „Es gibt keinen Frieden durch Streitkräfte“, meint er, „sondern nur durch Gott“. Christoph Dowe

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