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Die Akten, nicht die Menschen sollen laufen

■ Über kompetente Bürgerbüros wären viele Bürger dankbar. Doch die Behörden mauern

Im Rahmen der Verwaltungsreform soll in jedem Bezirk ein Bürgeramt oder ein Bürgerbüro entstehen. Dies hat am Sonntag abend auch der Koalitionsausschuß von CDU und SPD entschieden. Doch wie sieht die Realität der bereits bestehenden Bürgerbüros aus?

Momentan verfügen 8 von 23 Bezirken über ein Bürgerbüro. In zwei weiteren sind solche Einrichtungen in Planung. In den übrigen Bezirken gibt es dagegen lediglich die seit den 80er Jahren etablierten Bürgerberatungsstellen. Sie sollen sich im Laufe der nächsten Jahre zu Bürgerbüros weiterentwickeln. In welchem Zeitraum dies geschehen soll, hängt von der Umsetzung der Bezirksgebietsreform ab.

Die Aufgaben der „Bürgerbüros“ und „Bürgerberatungen“ sind im Grunde dieselben. Der Unterschied ist ein qualitativer: Während sich in der Bürgerberatung im allgemeinen zwei Mitarbeiter um die Belange und Fragen der Bürger kümmern, sind es in den Bürgerbüros je nach Größe des Bezirks 8 bis 20. Die Mitarbeiter rekrutieren sich aus dem Fachabteilungen der Bezirksämter, vor allem aus dem Einwohneramt und dem Wohnungsamt. Dadurch soll gewährleistet werden, daß die Bürger mit möglichst großer Sachkompetenz beraten werden. Denn genau dies ist das Konzept des Bürgerbüros: Eine Behörde, die für möglichst viele Belange zuständig ist und es den BürgerInnen erspart, von einem Amt zum nächsten zu hetzen. Die Akten sollen laufen, nicht die Menschen.

In den Bürgerbüros sind Anträge für sämtliche Angebote und Aufgaben der Bezirksämter erhältlich – von der Sozialhilfe, über Wohngeld bis hin zur Jugendhilfe. Die Berater helfen beim Ausfüllen, prüfen, ob die Anträge vollständig sind und leiten sie an die zuständigen Behörden weiter. Welche Leistungen angeboten werden, hängt vom Bezirk ab. So findet man in Köpenick auch eine Mieterberatung. In Tempelhof dagegen wird, anders als in anderen Bezirken, wiederum keine Beratung zum Thema Sozialhilfe angeboten. Aufgrund der hohen Fallzahlen würde das den Rahmen des Bürgerbüros sprengen.

Welche Aufgaben zukünftig noch in die Büros aufgenommen werden können, läßt sich nicht abschätzen. Wenn es nach den Leitern der Bürgerbüros geht, können neben den Zuständigkeiten für die Lohnsteuerkarten auch noch Aufgaben der Meldestelle übernommen werden. „Wir halten einen Raum für die Unterbringung einer Meldestelle frei“, sagt Klaus Dieter Brunzel, Leiter des Bürgerbüros in Schöneberg. „Und“, so fährt er fort, „wir würden gerne zusätzliche Leistungen anbieten. Doch die Leute in den anderen Ämtern sitzen auf ihren Posten und wollen keine Kompetenzen abgeben.“ Einen Schritt in der Verbreiterung der Leitungspalette hat man in Köpenick getan. Vom 1. Mai an kann man eine Meldestelle in den Räumen des Bürgerbüros finden.

Die Reaktionen auf die Einführung der Büros stellen alle Leiter durchweg positiv dar. „Sie wurden gleich von Anfang an gut angenommen und sind sehr hoch frequentiert“, berichtet Bernd Manzka, stellvertretender Amtsleiter in Prenzlauer Berg. „Doch auch wir erhalten oftmals Nachfragen, ob es möglich ist, bei uns den Paß oder Personalausweis verlängern zu lassen. Da muß ich die Menschen entäuschen. Leider.“ Peter Kasza

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