Ostgrüne segnen Westkandidaten ab

■ Nur eine Minderheit der Ostberliner Bündnisgrünen kritisiert, daß Marianne Birthler nicht auf einem vorderen Listenplatz für die Bundestagswahl abgesichert wurde. Ein großer Teil der Mandatsträger sieht d

Die Platzierung von Marianne Birthler auf dem unsicheren Platz vier der Landesliste wurde gestern von den meisten Ostberliner Bündnisgrünen nicht als Brüskierung des Ostens bewertet. „Die Liste sollte nach politischen Themen besetzt werden, nicht nach dem Geburtsort“, meinte die Abgeordnete Judith Demba. Sie kritisierte die Erklärung einiger Ostgrüner vor allem aus Pankow, die eine Woche vor der Wahl gefordert hatten, eine Ostkandidatin auf einen der ersten drei Plätze zu wählen. „Das war der Versuch, den Ost- Westkonflikt zu instrumentalisieren, um Marianne Birthler einen Platz zu sichern,“ so Demba. Zwar war Birthlers Name in der Erklärung nicht gefallen. Doch die 50jährige war die einzige Ostkandidatin, die für einen der vorderen Plätze in Frage kam.

Der moralische Druck, der von der Pankower Erklärung ausging, habe Birthler geschadet, schätzt auch die Abgeordnete Sibyll Klotz. Es wäre erfolgversprechender gewesen, die inhaltlichen Gründe zu nennen, die für Birthler sprechen. „Es war keine Wahl gegen Birthler“, betonte Klotz. Die 400 Stimmen, mit denen Birthler auf den vierten Platz gewählt wurden, signalisierten breite Unterstützung.

„Man sollte jetzt nicht in extreme Interpretationen verfallen“, warnte Klotz. Zwar verliere man durch die Entscheidung im Wahlkampf in den Ostbezirken an Boden, doch das müsse man durch inhaltliche Präsenz wettmachen. Bei einem guten Wahlergebnis habe Birthler auch auf dem vierten Listenplatz eine Chance, in den Bundestag einzuziehen.

„Wir sind die einzige Partei, die keinen Postenschacher betreibt“, wertete auch der Abgeordnete Dietmar Volk das Ergebnis positiv. „Ich fühle mich als Berliner Grüner.“ Der „Prozeß der Vermischung“ schreite voran.

Als „Schlag vor den Kopf“ erlebte dagegen die grüne Abgeordnete Claudia Hämmerling aus Weißensee den Umstand, daß Birthler nicht auf einen sicheren Listenplatz für die Bundestagswahl gewählt wurde. „Das ist das falsche Signal“, sagte Hämmerling. Das Image der Grünen als Westpartei werde damit noch verstärkt.

Auch Almut Tharan von der Bezirksgruppe Prenzlauer Berg findet Birthlers Platzierung auf dem unsicheren vierten Listenplatz „ein bißchen unglücklich“. Nachteile für den Wahlkampf erwartet sie aber weniger in Prenzlauer Berg, wo ein hoher Anteil von Zugezogenen lebt, sondern in den östlichen Außenbezirken: „Für die Außendarstellung ist es ungünstig, keine Kandidatin aus dem Osten auf den vorderen Plätzen aufweisen zu können.“

Die CDU reagierte auf die grüne Kandidatenkür mit Häme: „Die Bürgerrechtler werden bei den Grünen systematisch an die Wand gespielt.“ Das „Übergewicht der westlichen Altkader aus der AL hat den Osten und seine Bürgerbewegung glatt erdrückt“, erklärte die parlamentarische Geschäftsführerin der CDU-Fraktion, Gisela Greiner. Die Grünen würden dafür ihre Rechnung bei den Wahlen noch bekommen.

Weitaus pragmatischer zeigt sich dagegen die bündnisgrüne Basis in den Ostbezirken. „Gerd Poppe hat als außenpolitischer Sprecher im Bundestag Themen bearbeitet, die mich und viele andere nicht interessieren“, sagt Joachim Hinz von der Pankower Bezirksgruppe. Politiker aus dem Osten müßten sich auch für Ostinteressen einsetzen. Enttäuscht ist man auch, weil sich Poppe im Wahlkreis nicht engagiert habe. „Ich kann mit dem Ergebnis leben“, so Hinz. So muß Birthler zu Unrecht Poppes Versäumnisse ausbaden. Dabei hatte sie vor vier Jahren ihre Bundestagskandidatur zugunsten von Poppe zurückgezogen. Dorothee Winden