: Schwarzer Rauch aus dem Ägyptischen Museum
■ Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz hat auch nach dem dritten Wahlgang noch immer keinen neuen Präsidenten. Doch schon am 10. März wollen Bund und Länder einen neuen Anlauf unternehmen
Berlin (taz) – Wem die Ewigkeit vor Augen steht, der hat es mit einer schnöden Personalentscheidung nicht eilig. Ausgerechnet im Ägyptischen Museum trat der Stiftungsrat am Mittwoch zusammen, um einen neuen Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz zu wählen. Doch zu einer Entscheidung kam es auch in diesem dritten Anlauf nicht. Obwohl der bisherige Amtsinhaber Werner Knopp sich Ende Januar in den Ruhestand verabschiedet hat, bleibt der Posten weiter vakant. Das preußische Kulturerbe, darunter 17 Museen, Deutschlands größte Bibliothek und das Geheime Staatsarchiv, bleibt weiter führungslos. „Die Entscheidung ist gerade deshalb so schwierig, weil es zwei hochqualifizierte Kandidaten gibt“, sagen alle Beteiligten übereinstimmend. Auf diese Sprachregelung konnten sie sich immerhin einigen.
In Wahrheit treibt sie natürlich nicht Entscheidungsschwäche, sondern ein handfestes politisches Interesse. Der eine Kandidat, Christoph Stölzl, ist Direktor des Deutschen Historischen Museums in Berlin und gilt als Liebling des Kanzlers. Der andere, Klaus-Dieter Lehmann, ist Direktor der Deutschen Bibliothek in Frankfurt und Leipzig; er wird von den Bundesländern favorisiert. Die Mitarbeiter erwarteten sehnlichst eine „weiße Rauchsäule“, läßt der Stiftungssprecher wissen. Doch allenfalls in der Dauer seines Entscheidungsprozesses gleicht der Stiftungsrat dem Kardinalskollegium, seine Geschäftsordnung ist um einiges komplizierter. 200 Stimmen dürfen seine Mitglieder insgesamt abgeben, davon gehören 120 dem Bund und 80 den Ländern. Ohne die Zustimmung einer Ländermehrheit aber kann der Bund seinen Kandidaten nicht durchbringen. Bislang votieren nur Baden- Württemberg und Bayern für Stölzl – und das SPD-regierte Saarland, schließlich kennt der Chef der Saarbrücker Staatskanzlei, Reinhart Klimmt, den DHM-Direktor noch aus Studientagen. Gewichtiger als die eine Stimme des Saarlands sind freilich die 25 Stimmen Berlins, das sich bislang auf keinen der beiden Kandidaten festgelegt hat. Schließlich regieren in der Hauptstadt SPD und CDU gemeinsam. „Warum sollten wir uns streiten“, sagt der Sprecher von Kultursenator Peter Radunski (CDU), „wenn unsere Stimmen sowieso nicht für eine Entscheidung reichen?“ Sollte sich aber eine Mehrheit abzeichnen, werde sich Berlin anschließen. Nicht äußern mag er sich aber zu Ambitionen im eigenen Haus: Noch immer gilt Radunskis Staatssekretär Erich Thies (CDU) als möglicher Kompromißkandidat.
Für die Länder beginnt die Zeit zu drängen, schließlich beflügeln die Querelen bei der Preußen-Stiftung die Debatte um ein Kulturministerium des Bundes. Schon am 10. März will es der Stiftungsrat noch einmal versuchen. Bislang galt eine Einigung vor der Bundestagswahl als unwahrscheinlich. Doch am 1. März, darauf wies Brandenburgs Kulturminister Steffen Reiche (SPD) hin, treffen die Niedersachsen eine Vorentscheidung.
Vielleicht sollte sich der Stiftungsrat die alten Ägypter zum Vorbild nehmen. Sie lasen die Zukunft nicht aus Wahlprognosen, sondern aus den Eingeweiden der Vögel. Ralph Bollmann
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