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Voscherau hätte geziert

■ SPD ist gar nicht glücklich über die Abservierung des Ex-Bürgermeisters

SPD-Parteichef Jörg Kuhbier hat Glück: Er ist im Skiurlaub. Landesgeschäftsführer Werner Loewe hat Pech: Er sitzt im Kurt-Schumacher-Haus und windet sich ob der Fragen zum Desaster um die Kandidatenkür im Wahlkreis 12 (Mitte und Nord) am vergangenen Freitag. Zuerst wurde der prominente SPD-Außenpolitiker Freimut Duve, dann Hamburgs Ex-Bürgermeister Henning Voscherau abserviert, um anschließend unter lautem Protest der Linken dem umstrittenen Jungrechten Johannes Kahrs einen der sichersten Wahlkreise Hamburgs zu überlassen.

Wie die Partei das den Bürgerinnen und Bürgern, den Wählerinnen und Wählern zu erklären gedenkt, weiß niemand. „Das ist sicher nicht ganz einfach“, gesteht Loewe. Viele Anrufe hätte es gegeben, aber nicht mehr als sonst bei derartigen Personalentscheidungen. Die SPD-Landesorganisation habe „keine direkten Möglichkeiten, Einfluß darauf zu nehmen“, wen die Kreise als Direktkandidaten nominieren. „Natürlich wäre ein Henning Voscherau im Bundestagswahlkampf eine Zierde gewesen“, seufzt Loewe. Denn ihn „kennt jeder, und er wird mit sozialdemokratischer Politik identifiziert“.

Die Landesliste, die am kommenden Montag aufgestellt wird, hat kaum Bedeutung: sechs der sieben Hamburger Wahlkreise holte die SPD bei den letzten Bundestagswahlen. Damit kam die Landesliste überhaupt nicht zum Zuge, weil Hamburg nur sechs Abgeordnete zustehen. Voscherau auf Platz eins der Landesliste zu setzen, wäre wenig mehr als Symbolik.

Bausenator Eugen Wagner, Chef des Kreises Mitte, gilt als derjenige, der maßgeblich dafür sorgte, daß Voscherau abserviert wurde, obwohl beide zur Parteichrechten gehören. Wagner, heißt es, habe sich mit jungen Parteirechten geradezu eingemauert und stehe unter Druck. Denn mit seiner Unterstützung wurde der Linke Ortwin Runde Bürgermeister und die rot-grüne Koalition vereinbart. Im März will er jedoch als Kreischef wiedergewählt werden. Silke Mertins

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