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Hessens Grüne in der Krise

Nach dem Rücktritt von Margarethe Nimsch soll Priska Hinz neue Umweltministerin für Hessens Grüne werden. Doch ob das die Probleme löst, bleibt zweifelhaft  ■ Von K.-P. Klingelschmitt

Frankfurt/Main (taz) – Frankfurt am Tag nach dem Rücktritt von Margarethe Nimsch als hessische Umwelt- und Sozialministerin: Auf dem Römerberg feiert das Volk, drinnen im Rathaus geht es nicht minder närrisch zu. Die Frankfurter Grünen um ihren Fraktionsvorsitzenden Lutz Sikorski werfen ihren Wiesbadener Kollegen vor, deren Krisenmanagement habe an Führung „völlig versagt“. Dabei hatte das eigene aber auch nicht funktioniert. Die Partei sitzt deshalb seit den Frankfurter Kommunalwahlen auf der Oppositionsbank. Harsche Kritik also.

Mit ihrem Rücktritt hatte Nimsch die Konsequenz aus den Vorwürfen gezogen, sie habe eine Parteifreundin bei der Vergabe von Aufträgen begünstigt. Seit 1995 war sie im Amt. Nimsch ist die zweite Umweltministerin der Grünen, die während der Legislaturperiode den Dienst quittieren muß. Die Partei tat sich gestern schwer mit ihren Überlegungen für eine Nachfolgerin. Nach zweitägigen Beratungen einigten sich Fraktions- und Parteiführung darauf, die neunundreißigjährige Priska Hinz als Nachfolgerin für Nimsch vorzuschlagen. Allerdings gilt die Kindergärtnerin nicht als ausgesuchte Umweltexpertin. Die Landtagsabgeordnete und ehemalige Stadtkämmerin von Mainhausen ist bislang die einzige Kandidatin; eine Haushaltsexpertin, aber ganz bestimmt keine Umweltpolitikerin. Den Bereich Soziales möchten die hessischen Grünen aus dem Ministerium ausgliedern – wie zu Joschka Fischers Zeiten möchten sie ein reines Umweltministerium verwalten. Diese Forderung folgt offensichtlich der Einsicht, daß das bisherige Superministerium nicht ausreichend zu kontrollieren war.

Deutliche Kritik an der Entscheidung für Hinz wie am Gesamtzustand der Partei übte Umweltexperte Eduard Bernhard vom Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz: „Unter Joschka Fischer war Hessen vorne in der Umweltpolitik, unter den Sozialpolitikerinnen Blaul und Nimsch war sie unterrepräsentiert – und unter Hinz wird sie nicht existent sein.“

Das aktuelle Debakel – soviel ist allen deutlich – bedroht die Zukunft von Rot-Grün in Hessen. Denn die Affäre Nimsch ist die letzte in einer Serie von Pannen, die vor fast drei Jahren begann. 11,8 Prozent erzielten die Grünen bei der Hessen-Wahl 1995 – das beste Ergebnis in einem Flächenland. Selbstbewußt gingen die Streiter für Ökologie und Bürgerrechte daraufhin in die Koalitionsverhandlungen mit der bei der Wahl gerupften SPD.

Wer die Ursache für die Dauerschwäche der hessischen Grünen sucht, wird letztlich immer auf ein Ereignis stoßen: den Wechsel Fischers in die Bundespolitik 1994. Mit Fischer haben die hessischen Grünen den Mann verloren, der sowohl Partei und Fraktion integrieren als auch Opposition und SPD im Notfall Paroli bieten konnte. Die Rolle des Machtmenschen Fischer aber hat bei den hessischen Grünen niemand übernehmen wollen, weder Plottnitz noch Müller, noch Parteichef Tom Koenigs.

Die „Rache von Armin Clauss“ nannte Jochen Vielhauer, ehemaliger Landagsabgeordneter der Bündnisgrünen, den Zuschnitt des bisherigen Superministeriums. Armin Clauss, amtierender Fraktionsvorsitzender der SPD im Landtag, gilt als passionierter Grünenfresser. Er war in den achtziger Jahren Superminister für Arbeit, Umwelt und Soziales (MAUS). Bei den Koalitionsverhandlungen mit den gestärkt aus der Wahl hervorgegangenen Bündnisgrünen machte sich Clauss 1995 für den überdimensionierten Zuschnitt des Ministeriums stark. Als er Minister war, soll aber die der SPD nahestehende Kommunikationsfirma Ploog mit Aufträgen „geradezu überschüttet“ worden sein, sagte ein Informant gestern zur taz.

Ihr Ministerium sei „von einer Person nicht zu führen“, vermerkte die gescheiterte Nimsch in ihrem Rücktrittsgesuch. Die sozialen Geschäftsbereiche des Amtes werden wohl dem Arbeits- und Sozialministerium von Barbara Stolterfoth (SPD) zugeschlagen. Und wenn die angeschlagenen hessischen Grünen dann noch Glück haben, wird das Umweltministerium statt dessen die Geschäftsbereiche Landwirtschaft und Forsten von Innenminister Gerhard Bökel (SPD) erhalten.

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