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Digitale Kammerjäger suchen den „Millennium-Bug“

■ Bei der Lösung des Jahr-2000-Problems stoßen die Experten auf viele Schwierigkeiten. Der 1. Januar ist nicht das einzige heikle Datum, denn im Jahr 2000 hat der Monat Februar 29 Tage

Zwei fehlende Ziffern bringen die Manager ordentlich ins Schwitzen. Ob in Bürosoftware, Betriebssystemen oder in den inneren Uhren von Mikrochips – in allen Teilen von Computersystemen lauert der Jahr-2000-Fehler. Doch leider läßt sich das Problem nicht einfach dadurch lösen, die alte Software durch neue zu ersetzen, die bereits mit vierstelligen Jahreszahlen arbeitet – was ohnehin für so manches Unternehmen unbezahlbar wäre. Schwerer wiegt, daß viele Computerprogramme vor Jahren für die Bedürfnisse vieler Firmen maßgeschneidert wurden. Und für sie gibt es keinen Ersatz auf dem Software-Markt.

Den Unternehmen bleibt nichts anderes übrig, als ihre Software umprogrammieren zu lassen. Dazu brauchen sie digitale Kammerjäger, die den „Millennium-Bug“, wie Programmierer den folgenschweren Fehler im Code der Software nennen, ausmerzen. Etwa zwölf Millionen Zeilen Programmcode sind in der Software eines durchschnittlichen mittelständischen Unternehmens zu durchforsten. Und jede 50. Zeile enthält den „Bug“, die Wanze, schätzt die US-Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Coopers & Lybrand.

Häufig ist betriebswirtschaftliche Firmensoftware aber noch in Programmiersprachen wie Assembler oder COBOL programmiert. Die gelten unter den Programmiersprachen als ähnlich verstaubt wie Latein oder Altgriechisch. Folge: Programmierer sind rar und teuer. Ihr Stundenlohn liegt zur Zeit bei 150 Mark pro Stunde und hat sich damit in den letzten drei Jahren verdoppelt. Den Fehler im Code zu finden gleicht der Suche nach einer Nadel im Heuhaufen. Denn Jahreszahlen können sich hinter nichtssagenden Namen wie FIELD-A verbergen oder auch in 15stelligen Versicherungsnummern vergraben sein. Wegen solcher Schwierigkeiten rechnen Experten mit einer Trefferquote von maximal 90 Prozent. Die restlichen 10 Prozent müssen in aufwendigen Testreihen gefunden werden, die sich über Monate hinziehen.

Leider ist es mit dem Jahr-2000-Fehler nicht getan. Software-Experten warnen vor zwei weiteren „Bugs“, die bisher kaum beachtet wurden. Der 29. Februar 2000 ist ein Schalttag, der auch in einigen Jahr-2000-fähigen Programmen fehlt. Strenggenommen falle der Hammer für viele Firmen schon in gut zehn Monaten, warnt der amerikanische Anwalt und Jahr-2000-Experte Steve Brower. Denn in Datenbanken finden sich immer wieder die Daten 1.1.99 und 9.9.99. Die waren ursprünglich als Platzhalter für „irgendwann“ oder „für immer“ verwendet worden – zu Zeiten, als das Jahr 2000 noch nach Science-fiction klang.

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