Asiatische Teenieträume

■ Neu im Kino: Kitchen“von Yim-Ho

Der Schriftstellerin Banana Yoshimoto ist ein perfekter Coup gelungen: Sie hat all die Sentimentalitäten eines Lore-Romans so modernisiert, daß sie mit der verstaubten Geschichte von den ewig schmachtenden Liebenden plötzlich ein ganz neues Publikum einlullen konnte. Ihr Roman „Kitchen“wurde von den japanischen Teenagern so oft gekauft wie sonst nur Manga-Comics, und wie diese kann man das schmale Bändchen bequem in zwei bis drei Fahrten mit der U-Bahn durchlesen. Daß da außer ewigen Gefühlsbädern und etwa einem Dutzend Abschieden kaum etwas erzählt wird, haben zumindest die japanischen Filmemacher gemerkt. So fand sich im Heimatland kein Studio für eine Filmadaption, so daß „Kichen“nun ausgerechnet in Hongkong verfilmt wurde.

Der Film erzählt von den Teenagern Aggie und Louie, die sich bei einer Beerdigung treffen: Die schwersensible Aggie kann den Tod ihrer Großmutter lange nicht überwinden, und so spricht sie erstmal im ersten Drittel des Filmes kein Wort. Der flippige Friseur Louie nimmt seine Cousine mit nach Hause, die beiden kommen sich näher und die Romanze langsam in Gang. Irgendwann stellt sich noch heraus, daß Louies Mutter eine Geschlechtsumwandlung an sich vornehmen ließ und eigentlich sein Vater ist. Dann wird er/sie aber auch ganz schnell von einem schockierten Liebhaber erstochen, und in der letzten Stunde des Films nehmen Aggie und Louie nur noch ständig Abschied voneinander.

„Alles auf der Leinwand ist absolut trendy“sagt der Regisseur Yim-Ho selber über seinen Film, und da kann man ihm auch kaum widersprechen. Die Frisur des Hauptdarstellers, die Inneneinrichtung der Wohnungen, das ständige Telefonieren mit dem Handy: Alles entspricht genau den Moden der Saison und wird deshalb im nächsten Jahr schon altmodisch wirken. Yim-Ho bemüht sich mit beachtlichem Geschick, von der fadenscheinigen Geschichte abzulenken, indem er fast jede Einstellung poetisch verfremdet. Viele Überblendungen und Stimmungsbilder mit einer Menge Regen und Blau machen den Film eine Weile lang fürs Auge interessant, aber schnell wiederholen sich die Effekte, und schließlich nerven die vielen Verzierungen nur noch.

Immerhin lernen wir, daß die Klischeesätze in Japan und Hongkong fast die gleichen sind wie bei uns: „Das Leben ist wie ein Kaleidoskop. Es gibt so vieles zu entdecken!“, „Das Leben ist, wie es ist!“– mit solchen Allgemeinplätzen ist der Film gepflastert. Man muß also warnen vor diesen asiatischen Teenieträumen: „Kitchen“ist kitschig.

Wilfried Hippen

Cinema, tägl. 19 Uhr