piwik no script img

■ Die AnderenDie "Süddeutsche Zeitung" widmet sich dem Kampf gegen die Armen in Berlin / "Le Figaro" bedauert, daß Deutschland bei der jüngsten Irak-Krise abseits stand / Zur Rolle der EU schreibt "Le Journal du Centre"

Die „Süddeutsche Zeitung“ widmet sich dem Kampf gegen die Armen in Berlin: Den Tourismusstrategen paßt es gar nicht, daß die Armut der Hauptstadt sich immer offener zeigt. Sie soll schön und sicher und proper werden für die Besucher. Und sie haben jemanden gefunden, der ihr Anliegen vollauf versteht: Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU). Der fürchtet sogar, daß ein „Sicherheitsrisiko“ von den Armen ausgeht, vor allem, wenn die Regierung erst einmal in Berlin ist. Und bis dahin sollen Penner und Bettler, aber auch allzu bunte Punks oder wilde Skater in den Straßen nichts mehr zu suchen haben. Über die Stadt wird ein Sicherheitsnetz geworfen. (...)

Peter Wagener, Fachbereichsleiter für Migrations- und Wohnungslosenhilfe beim Caritasverband für das Erzbistum Berlin: „Armut hat gerade in direkter Umgebung des entstehenden Regierungsviertels ein prägendes Gesicht.“ In den Bezirken Moabit und Tiergarten lagere sozialer Sprengstoff – viele Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger und bis jetzt in Deutschland geduldete Ausländer und Asylbewerber. Wenn die von Berlin im Bundesrat initiierte Gesetzesinitiative zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes Wirklichkeit werde, wonach alle Sozialleistungen für bloß geduldete Nichtdeutsche gestrichen werden sollen, stünden zusätzlich Tausende von Menschen auf der Straße. Dann werde aus dem Antlitz eine beängstigende Maske.

„Le Figaro“ (Paris) bedauert, daß Deutschland bei der jüngsten Irak-Krise abseits stand: Washington ist von nun an für lange Zeit festgelegt. Daher auch Clintons neue Prioritäten: der Versuch einer Lockerung der Situation mit Teheran und das Erreichen bei Israel, daß es sich seiner Versprechen erinnert. Netanjahu hat das zweifelsohne verstanden, da er es vorgezogen hat, Arafat mit einem (ganz ganz kleinen) Palmwedel unter der Nase zu wedeln. Natürlich wird das nicht ausreichend sein. Doch der israelische Ministerpräsident hat keine Wahl mehr: Sein Land ist nicht mehr der Mittelpunkt der US-Politik in dieser Region. Einfach nur ein aktuelles Kapitel unter vielen anderen. Und Europa, wird man sich fragen? Es existiert nicht oder ist geteilt. Im Moment sind Chirac und (Außenminister) Vedrine in Bestform; Deutschland stand diesmal beiseite. Das ist bedauerlich.

Zur Rolle der EU schreibt „Le Journal du Centre“ (Nevers): Selbst mit den drei Schritten zurück von Saddam Hussein wirken die UNO und der Irak hier und dort wie die Sieger eines Krieges, der nicht stattgefunden hat. Die öffentliche Meinung scheint an die Stelle der Diplomatie getreten zu sein. Die Welt von morgen kündigt sich als multipolar an. Frankreich hat dabei seinen Platz, und zwar all seinen ihm zustehenden Platz, völlig ausgefüllt. Leider war das nicht der Fall für die Gesamtheit der Europäischen Union.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen